"Feiwilliger" Schuldenerlass von 50 Prozent
EU-Gipfel: Banken offen unter Druck
Der Schuldennachlass für Griechenland, die höhere Bankenbeteiligung und die Stärkung des Euro-Rettungsschirms sind die Ergebnisse des EU-Schuldengipfels. Griechenland ist zufrieden und zuversichtlich. Die Banken dürften "sanft" gedrängt worden sein, auf 50 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 27.10.2011
Griechischer Premier zufrieden
Ein Schuldenschnitt als Morgengabe: Um 4 Uhr früh beenden die Staats- und Regierungschefs der Euroländer ihren Krisengipfel. Trotz zehnstündigen Verhandlungsmarathons erscheint der griechische Premierminister Giorgios Papandreou erleichtert und lächelnd zur Pressekonferenz. Der 50 prozentige Schuldenschnitt rettet sein krisengebeuteltes Land: "Heute können wir ein Kapitel der Vergangenheit abschließen und mit aller Kraft eine neue Zukunft beginnen. Wir müssen mit unserer Vergangenheit abschließen. Eine neue Ära beginnt."
Heftiger Widerstand der Banken
12 Stunden zuvor war davon noch keine Rede: Die großen Bankinstitute der Welt, vereint im Institute of International Finance wehren sich vehement gegen den von den Euroländern verlangten, signifikanten und freiwilligen Forderungsverzicht. Blockade - bis Mitternacht.
Offener Druck von Merkel und Sarkozy
Da rücken die deutsche Bundeskanzlerin, der französische Staatspräsident, der Vorsitzende der Eurogruppe, gemeinsam mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds aus, um die Bankenvertreter persönlich zu treffen, irgendwo an einem diskreten Ort im EU-Ratsgebäude. Die Euroländer drohen den Banken, Griechenland fallen zu lassen - sofern es nicht zum freiwilligen Schuldenerlass von 50 Prozent kommt.
Angela Merkel bemüht sich nach dem Gipfel nicht besonders, dies zu dementieren: "Dadurch, dass unser Angebot angenommen wurde, ist es nicht dazu gekommen. Es war aber unser letztes Angebot, war auch klar, dass wir einem freiwilligen Kreditereignis den Vorzug geben. Deshalb braucht man über andere Variante nicht mehr nachdenken."
Auch Eurogruppen-Chef Jean Claude Juncker bestätigt, dass die Verhandlungen mit den Bankenchefs eher durch harte Bandagen gekennzeichnet waren: "Mit Banken darf man nicht leise reden."
Banken: Neun Prozent Eigenkapital
Der Schuldenschnitt für Griechenland war die Grundbedingung für einen Erfolg des Euro-Sondergipfels. Vergleichsweise ein Spaziergang war dagegen die Einigung auf die Bankenrekapitalisierung - die großen Banken müssen bis Mitte nächsten Jahres ihren Kapitalpolster aufbessern auf neun Prozent. Damit sollen die Banken besser für künftige Bankenkrisen gewappnet sein.
Rettungsschirm mit bis zu einer Billion Euro
Der dritte große, wenn zunächst auch mehr symbolische Gipfelerfolg ist die Stärkung des Euro-Rettungsschirms. Mittels finanztechnischer Tricks soll er gehebelt werden und mit bis zu einer Billion Euro ausgestattet sein, sagt Bundeskanzler Werner Faymann: "Das ist eine wesentliche Verstärkung des EFSF und soll eine Firewall bieten, die die Spekulation zurückdrängt, zugleich aber den Finanzmärkten Vertrauen gibt."
Die finanztechnischen Tricks müssen noch genau ausgearbeitet werden. Abgesichert sollen die Anleihen aus dem Eurorettungsschirm durch eine Art Teilkaskoversicherung werden, zum anderen soll ein Zusatzfonds geschaffen werden, der auch internationale Investoren anlocken soll.
Mittagsjournal, 27.10.2011
Interview mit der griechischen Journalistin Alkione Karamanolis zu den Reaktionen in Griechenland
Griechische Bevölkerung voller Zukunftsängste
Die griechische Journalistin Alkione Karamonlis beobachtet in Griechenland keine große Erleichterung nach der EU-Gipfelnacht. In der Bevölkerung habe man eher gemischte Gefühle. Die Menschen hätten große Angst vor weiteren Lohnkürzungen und einer neuen Reform der Pensionskassen, sagt die griechische Journalistin.
Die nächsten zehn Jahre werde Griechenland ja unter Kuratel stehen, die Reformen und die Sparpolitik würden weitergehen. Ab nächstem Monat werde ein Beamtenbesoldungsgesetz in Kraft treten. Das bringe den öffentlich Bediensteten 35 bis 40 Prozent weniger Gehalt, sagt Karamanolis. Auch das erzeuge große Besorgnis in der Bevölkerung.
Steuerpläne nicht umsetzbar?
Die Bürger könnten keinen Beitrag mehr leisten, ist die griechische Journalistin überzeugt. Die Bevölkerung hätten kein Geld mehr, ihre Steuern zu bezahlen. Daher seien die neuen Steuerpläne der Regierung auf dem Papier sehr schön, aber unrealistisch, meint Karamanolis