Rechtsextremen-Register in Diskussion

Neonazis: Ex-NPD-Funktionär verhaftet

Die deutsche Polizei hat nach der Mordserie der vergangenen Jahre nun einen weiteren Neonazi festgenommen. Der 36-Jährige war NPD-Vize-Vorsitzender in Thüringen. Die Behörden werfen ihm Beihilfe zum Mord in sechs Fällen und Mordversuch vor. Unterdessen wird diskutiert, Rechtsextreme in einem eigenen Register zu erfassen.

Mittagsjournal, 29.11.2011

Weiterer Verdächtiger

Es ist die vierte Festnahme seit dem Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie in Deutschland - nach Beate Z., die sich selbst gestellt hat, waren zuvor Holger G. und André E. als mutmaßliche Unterstützer der Zwickauer Neonazi-Zelle verhaftet worden. Spezialeinheiten der Polizei haben heute in Jena den langjährigen NPD-Funktionär Ralf W. als weiteren Verdächtigen festgenommen - der 36-Jährige sei dringend verdächtig, die Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) unterstützt zu haben. Ihm wird laut Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Beihilfe zu sechs Morden und einem versuchten Mord vorgeworfen.

Brücke zur NPD

Seit den 1990er Jahren soll Ralf W. engen Kontakt mit der Zwickauer Neonazi-Gruppe gehabt, sie bei ihrer Flucht und danach auch finanziell unterstützt haben. Außerdem steht der 36-Jährige im Verdacht, der Gruppe eine Schusswaffe und Munition verschafft zu haben. Das mutmaßliche Neonazi-Trio steht im Verdacht, insgesamt zehn Morde in den Jahren 2000 bis 2007 sowie zwei Sprengstoffanschläge in Köln verübt zu haben. Ralf W., der seit 1995 in rechtsextremen Kreisen in Thüringen aktiv gewesen war, ist nach Medienberichten kurz nach dem Untertauchen des Neonazi-Trios in die NPD eingetreten. Mit Unterbrechungen war er bis Mitte 2008 Vorstandsmitglied der NPD, für knapp zwei Jahre war er sogar stellvertretender Landesvorsitzender in Thüringen.

Debatte über "Verbunddatei"

Mit der Festnahme des Ralf W, der heute noch dem Haftrichter vorgeführt werden soll, wird wohl die Diskussion um ein mögliches NPD-Verbot in Deutschland neu angeheizt werden. Als Konsequenz aus der Mordserie will Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU unterdessen nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" in Kürze einen Gesetzesentwurf für eine sogenannte Verbunddatei vorlegen. Aus einem internen Arbeitspapier gehe hervor, dass in dieser nach dem Vorbild der Anti-Terror-Datei über gewaltbereite Islamisten, Konten, Telekommunikationsdaten, Fähigkeiten im Umgang mit Waffen und auch Orte gespeichert werden, an denen sich Verdächtige mit Gleichgesinnten treffen oder getroffen haben.

Zu Mittag wollten Innenminister Friedrich und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP über rechtliche Konsequenzen beraten. Thema dabei könnte auch die Vorratsdatenspeicherung werden, die von CDU, CSU und auch von der SPD gefordert wird - die mitregierende FDP sieht eine Datenspeicherung aber skeptisch. Verbunddatei und Vorratsdatenspeicherung sind Teil eines 10-Punkte-Programms, das Innenminister Friedrich aus Konsequenz als der Neonazi-Mordserie in Deutschland vorgelegt hat.