Keine Staatsanleihen mehr aus EU

Chinas Hilfslust nimmt ab

Geht es um die Rettung des Euro setzt Europa mittlerweile große Hoffnungen auf China. Die finanzielle Feuerkraft des Euro-Rettungsschirms sollte mit Geld aus China erhöht werden. Doch Peking zeigt immer mehr die kalte Schulter.

Mittagsjournal, 12.12.2011

Aus Peking,

Die Chinesen interessieren sich ganz offensichtlich immer weniger für Staatsanleihen europäischer Sorgenkinder. Stattdessen möchte die Regierung in Peking lieber gleich Anteile von Unternehmen kaufen. In der chinesischen Öffentlichkeit ist eine großangelegte Rettungsaktion für Europa ohnehin unbeliebt.

Wachstum verlangsamt

Man ist es längst gewöhnt – China ist zum Motor der Weltwirtschaft geworden. Doch ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt keinesfalls immun. Weil die Aufträge aus den EU-Ländern zurückgehen beginnt in China die Industrieproduktion in manchen Branchen bereits zu sinken. Und auch das hohe Wirtschaftswachstum von mehr als 10 Prozent im vergangenen Jahr wird sich deutlich verlangsamen während vor allem Lebensmittel jeden Monat teurer werden. Die steigende Preise sind auch in aller Munde hört man sich in Pekings Suppenküchen und Nudelstuben um.

Auf die Probleme der EU angesprochen bekommen wir hier heute diese Antwort: „Unsere eigene Wirtschaft hat doch viele Probleme. Wir haben doch gar nicht die Fähigkeit Europa zu helfen. Die sind doch viel weiter als wir.“ „China muss sich zuerst um sich selbst kümmern. Wir haben nicht genügend Geld. Europa ist entwickelt genug und kann seine Probleme selbst lösen.“

Vorsichtiger geworden

Ähnliches schreiben Zeitungskommentatoren und Blogger im Internet. An Chinas Führern geht die Meinung des Volkes nicht unbemerkt vorbei. Längst hat sich eine Sichtweise durchgesetzt: Europa leidet nicht nur an einer Schuldenkrise, sondern vor allem an einer politischen Krise. Ausgelöst durch die Entscheidungsschwäche seiner Spitzenpolitiker. Europa müsse sich selbst helfen, China könne mit seinen Währungsreserven Europa nicht retten, hieß es jüngst noch einmal unmissverständlich aus dem Außenministerium in Peking.

Und somit könnte der Plan der Euro-Strategen, der Plan mit Geld aus China die finanzielle Feuerkraft des Euro-Rettungsschirms massiv zu erhöhen, zum Scheitern verurteilt sein, erklärt Huang Wei, Volkswirtin an der chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking: „Die politischen Prozesse sind in Europa schwierig, deshalb geling dort derzeit auch keine Erholung. Große Investitionen in Staatsanleihen und den Euro-Rettungsschirm haben ein zu hohes Risiko für China. Der chinesische Staat muss jetzt in erster Linie auf seine eigene Sicherheit bedacht sein.“

Lieber Unternehmensanteile

Dass China lieber Anteile an europäischen Unternehmen kaufen will, anstatt riskanter Staatsanleihen. Und das man die Pläne jetzt mit Nachdruck in die Tat umsetzen will. Dafür gibt es deutliche Anzeichen. So plant offenbar die chinesische Nationalbank die Gründung zweier Fonds im Gesamtvolumen von 300 Milliarden Dollar. Ein Fonds solle sich auf Europa, der zweite auf die USA konzentrieren. Mit dem Geld aus dem gigantischen Devisenberg, auf dem China sitzt, sollen gezielt Unternehmen gekauft werden. Bleibt ein Problem: der Widerstand im Westen gegen Investitionen und Firmenaufkäufe aus China, die Angst vor politischem Einfluss und Technologieklau. Doch könnte dieser Widerstand, so kalkuliert man in Peking immer schwächer werden, je länger die wirtschaftliche Krise Europa gefangen hält.