Anwalt soll Urkunden "geliehen" haben
Causa BUWOG: Aktendiebstahl in Liechtenstein
Skandal bei den BUWOG-Ermittlungen: Der Liechtensteiner Anwalt eines Geschäftspartners von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser soll brisante Unterlagen aus dem Gerichtsakt entwendet und erst nach sechs Wochen zurückgegeben haben. Die Staatsanwaltschaft Liechtenstein hat Ermittlungen eingeleitet. Es besteht auch der Verdacht, dass Urkunden verfälscht wurden.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 21.12.2011
Verdacht der Urkundenunterdrückung
Ein Anwalt entwendet ohne Wissen oder Zustimmung des Landgerichts Liechtenstein hochbrisante Unterlagen aus einem Gerichtsakt. Die Unterlagen stammten aus einer Hausdurchsuchung in Liechtenstein, die beschlagnahmt wurden, um Licht in die Geldflüsse von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser in der BUWOG-Affäre zu bringen. Das haben gemeinsame Recherchen von Ö1, der "Süddeutschen Zeitung" und der Zeitschrift "News" ergeben.
Der Vorfall hat sich am 19. Oktober ereignet, bestätigt Robert Wallner, Leiter der Staatsanwaltschaft in Liechtenstein: "Die Staatsanwaltschaft hat dann gleich am nächsten Tag ein Strafverfahren gegen diesen Anwalt wegen des Verdachts der Urkundenunterdrückung, in eventu wegen des Verdachts der Unterdrückung eines Beweismittels eingeleitet. Dieses Verfahren befindet sich im Stadium der Vorerhebungen."
Unterlagen verfäscht?
Obwohl der Aktenklau bei Gericht sofort auffällt, werden die Unterlagen laut Informationen der "Süddeutschen Zeitung" erst Wochen später zurückgegeben. Im Fürstentum kursieren daraufhin Gerüchte, dass die Unterlagen vor der Rückgabe verfälscht worden sein könnten. Wallner zu dem Verdacht: "Ob die Unterlagen vollständig und unverfälscht zurückgegeben wurden, ist Gegenstand der Vorerhebungen."
Überraschung in Wien
Bei der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat man erst durch die Ö1-Recherchen von dem Vorfall in Liechtenstein erfahren und umgehend um eine Stellungnahme der Justizbehörden in Liechtenstein ersucht. Sprecher Martin Ulrich: "Eine seriöse und umfassende Beurteilung dieser Umstände ist aus österreichischer Perspektive naturgemäß nur sehr schwer möglich. Wir werden daher die Antwort der liechtensteinischen Behörden auf unser Ersuchen abwarten."
Politische Verbindungen
Die Causa birgt auch politische Sprengkraft in Liechtenstein. Denn der betroffene Anwalt ist für die konservative Fortschrittliche Bürgerpartei im Liechtensteinischen Landtag aktiv. Und seine Partei stellt die Justizministerin des Fürstentums. Außerdem ist er Partner einer der ältesten und einflussreichsten Anwaltskanzleien in Liechtenstein. Der Jurist war gestern trotz mehrfacher Anfragen um Stellungnahme weder für "News", noch die "Süddeutsche Zeitung" oder Ö1 erreichbar. Anwälte aus seiner Kanzlei sollen nach Medienberichten übrigens auch als Stiftungsräte für Grassers Liechtenstein-Stiftung "Waterland" fungieren. In der Regierung des Fürstentums ist man über die Aktenklau-Affäre in der politisch heiklen BUWOG Causa entsetzt. Es werde alles getan um diesen Fall restlos aufzuklären, heißt es.