Protest gegen Arbeitsmarktreform

Madrid schließt Staatsbetriebe

Die spanische Regierung schließt 27 Staatsunternehmen. Das sei Teil des Programms zur Reduzierung des Haushaltsdefizits, teilte der Wirtschaftsminister mit. Doch mit diesen Einsparungen allein ist es nicht getan. Die Reform des Arbeitsmarktes soll neue Investitionen ermöglichen, wogegen allerdings die Gewerkschaften protestieren.

Mittagsjournal, 16.3.2012

Schulden statt Belebung

Der Beschluss im Ministerrat in Madrid, die Verwaltung zu verschlanken und bei den staatlichen Behörden einzusparen, trifft öffentliche Unternehmen, die nicht effizient genug gearbeitet haben. Eine staatliche Vermittlungsgesellschaft für Mietwohnungen, die im Jahr 2005 gegründet wurde und den Immobilienmarkt beleben sollte, hat bis heute 37 Millionen Euro Schulden angesammelt und wird geschlossen. Ebenso wird jene Gesellschaft dicht gemacht, die die Privatisierung der Staatslotterie abwickeln sollte. Seit einem Beschluss der Vorgängerregierung, den Verkauf des dank der Einnahmen aus dem Glücksspiel und der berühmten Weihnachtslotterie El Gordo hoch profitablen Unternehmens, wegen der schlechten Wirtschaftslage auf unbestimmte Zeit zu verschieben, hatte die Veräußerungsgesellschaft keine Aufgaben mehr.

"Nachhaltige und schmerzliche Maßnahmen"

Dem konservativen Regierungschef Mariano Rajoy geht es darum Schritte zu setzen, um das Ziel einer Neuverschuldung von nur drei Prozent am Ende des kommenden Jahres zu erfüllen. Rajoy hatte das für heuer vereinbarte Defizitziel einseitig aufgekündigt, weil es aufgrund der höher als erwarteten Vorjahresschulden nicht erreichbar schien. Wirtschaftsminister de Guindos war es gelungen, die Erhöhung des erlaubten Defizits bei den Euro-Partnern durchzusetzen, ohne dass Spanien wegen der Überschreitung mit Sanktionen rechnen muss: "Wie Sie wissen, haben wir 25 Mrd. Schulden über dem Defizitziel des Vorjahres geerbt. Das macht nachhaltige und auch schmerzliche Maßnahmen notwendig."

Experiment mit offenem Ausgang

Das Sparziel von rund 60 Milliarden Euro wird mit der Kürzung von Ausgaben, wie der Schließung staatlicher Unternehmen, allein nicht zu erreichen sein. Um trotz Rezession und weiter wachsender Arbeitslosigkeit neue Einnahmen zu schaffen, plant die konservative Regierung eine Reform des Arbeitsmarktes. Flexiblere Bestimmungen – vor allem die Erleichterung von Kündigungen, sollen Unternehmer zu Investitionen und der Aufnahme von Arbeitskräften anregen.
Wie das Experiment ausgehen wird, ist völlig offen. Die Gewerkschaften sprechen von einem Abbau sozialer Errungenschaften Ohnegleichen und haben einen 24-stündigen Generalstreik angemeldet. Der Chef der Arbeiterkommissionen Fernandez Toxo: "Ich sehe einen direkten Zusammenhang zwischen der Arbeitsmarktreform und den 112.000 neuen Arbeitslosen, die im Februar gezählt wurden."

Trotz der Überschreitung des Defizitziels und der Aussicht auf soziale Konflikte, deren Auftakt der Generalstreik am 29. März ist, gewähren die Investoren Spanien eine Verschnaufpause: Am Donnerstag lagen die Zinsen für die Aufnahme neuer Kredite so niedrig wie schon lange nicht.