Von 2.200 Anzeigen blieb wenig übrig

Nur 51 Anklagen wegen Korruption

Wer glaubt, dass es in Österreich tausende Anklagen und Verurteilungen wegen Bestechungsdelikten und Amtsmissbrauchs gibt, der irrt: Zwar sind im Vorjahr bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft mehr als 2.200 Anzeigen erstattet worden. Doch in nur 51 Fällen wurde Anklage erhoben.

Morgenjournal, 20.3.2012

Anzeigen oft schlecht begründet

Offenbar wittern viele Staatsbürger Korruption und Amtsmissbrauch - durch Firmen, Beamte oder Politiker, etwa auch durch Bürgermeister. Doch die meisten Anzeigen - rund 1.900 von den 2.200 - wurden dann von Staatsanwaltschaften in den Bundesländern bearbeitet und großteils eingestellt. Aussagekräftig ist jedenfalls, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft in 365 Fällen selbst die Ermittlungen eingestellt und nur in 51 Fällen Anklage erhoben hat. Ein Grund ist dafür laut Staatsanwaltschaftssprecher Martin Ulrich: Nur wenige Anzeigen seien gut begründet und belegt. Doch wenn Staatsbürger anonym und ohne substanzielle Begründung an die Staatsanwaltschaft schreiben, dann darf nicht einmal wirklich ermittelt werden, sagt Staatsanwalt Ulrich. Denn dafür müsste die "Schwelle einer gewissen Erheblichkeit der Anfangsverdachtslage" erreicht werden.

Voraussetzungen für Tatbestand

Der Staatsanwaltschaftssprecher nennt einen zweiten Grund dafür, dass es sieben Mal so viele Einstellungen wie Anklagen gab: Bei Delikten wie Amtsmissbrauch und Untreue reicht es nicht für eine Anklage, wenn der Beschuldigte einen Schaden in Kauf genommen hat. Sondern die betroffene Person müsse exakt gewusst haben, dass sie ihre Befugnis missbrauche.

"Gesetz des Schweigens"

Bei Bestechungsdelikten ist ein dritter Faktor entscheidend, nämlich dass meist das Gesetz des Schweigens gilt. Denn der Zahler und der Bestochene glauben ja, dass sie von der Bestechung profitieren. Und es gebe kein unmittelbar geschädigtes Opfer, das Anzeige erstattet. "Hier gilt es, das Gesetz des Schweigens aufzubrechen", sagt Ulrich, etwa durch die neue Kronzeugenregelung oder durch die von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) geplante "Whistle-Blower"-Regelung. Die würde ermöglichen, dass jemand, der auf elektronischem Wege Anzeige erstattet, anonym bleibt. Dank einer speziellen Computer-Software könnte die Staatsanwaltschaft aber mit ihm kommunizieren und Unterlagen nachfordern.

Was Staatsanwalt Ulrich nicht beurteilen will ist, ob auch schärfere Korruptionsregelungen helfen und zu mehr Verurteilungen führen würden. Die Gesetzgebung sei nämlich Aufgabe der Politiker.