CO2-Zertifikate zu billig

Emissionshandel: EU plant Änderungen

Klimaschutz-Organisationen kritisieren die zu niedrigen Preise für Verschmutzungs-Rechte. Die EU-Kommission reagiert nun darauf und plant Änderungen.

Morgenjournal, 21.4.2012

Aus Brüssel,

Er hätte Europas Waffe gegen den Klimawandel sein sollen - der Emissionshandel. Je stärker ein Unternehmen die Umwelt belastet, desto mehr Verschmutzungsrechte muss es zukaufen. Je höher der Preis für diese Co2-Zertifikate, desto höher der Anreiz, in klimafreundliche Technologie zu investieren. Doch die Preise für Verschmutzungsrechte sind im Keller. Die EU-Kommission plant nach heftiger Kritik von Klimaschutzorganisationen nun Änderungen.

Eine Tonne nur mehr 7 Euro

Luftverpestung ist so günstig, wie nie zuvor. Die Preise für die Verschmutzungsrechte sind mit 7 Euro pro Tonne Co2 im Keller. Zum Vergleich: Vor vier Jahren noch hat ein Co2-Zertifikat 30 Euro gekostet. Eine Ursache ist die lahmende Wirtschaft, es wird weniger produziert und demnach auch weniger Co2 ausgestoßen. Doch der wesentlich größere Faktor ist die Grundidee vom Emissionshandel: Bis zu einer bestimmten Menge werden die Co2-Zertifikate verschenkt.

Fatale Entwicklung

Erst wenn die Verschmutzungsrechte aufgebraucht sind, müssen die Unternehmen Zertifikate zukaufen. Und nachdem derzeit vergleichsweise wenig produziert wird, sinkt die Nachfrage. Jene Industriebetriebe, die zukaufen müssen, bekommen die Verschmutzungsrechte zum Schleuderpreis. Eine fatale Entwicklung für den Klimaschutz, sagt Julia Michalak vom Klimaschutznetzwerk CAN Europe: Der Markt wird derzeit mit Zertifikaten überschwemmt. Anstatt in klimafreundliche Technologien zu investieren, kaufen die Unternehmen billige Verschmutzungsrechte. Sie haben keinen Anreiz um in Energieeffizienz zu investieren und die Emissionen zu verringern.

Zu viele Zertifikate

Ab nächstem Jahr geht der EU-Emissionshandel in die nächste Phase. Bis 2020 sollen EU-weit weniger Verschmutzungsrechte verschenkt werden. Dass sich damit die Preise wieder erholen können, hält die Klimaschutzlobbyistin Julia Michalak für unwahrscheinlich, denn teuer wird es für Luftverschmutzer erst gegen Ende dieser Periode: 1,4 Milliarden Verschmutzungszertifikate müsste die EU-Kommission vom Markt nehmen, denn erst wenn es weniger Zertifikate gibt, werden die Preise wieder steigen und Co2-arme Investitionen werden angekurbelt.

EU will gegensteuern

EU-Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard reagiert vorsichtig auf die heftige Kritik am europäischen Emissionshandel. Denn auch große Industriebetriebe, die bereits in Klimaschutztechnologien investiert haben und jetzt feststellen müssen, dass Luftverschmutzung wegen des Preisverfalls wesentlich günstiger gekommen wäre, verlangen ein Einschreiten der EU-Kommissarin. Connie Hedegaard dazu: In der Emissionshandelsperiode von 2013 bis 2020 gibt es zu viele Zertifikate, in der ersten Phase. Das werden wir jetzt überarbeiten.

Noch in den kommenden Monaten soll ein entsprechender Vorschlag auf dem Tisch liegen. Davon wird auch die Zukunft des ehrgeizigen europäischen Emissionshandels für den Klimaschutz abhängen.