"Im Journal zu Gast"
Euro-Krise: Tumpel-Gugerell vorsichtig optimistisch
Die EZB hat in den vergangenen Tagen mit der Entscheidung, den geöffneten Geldhahn für Schuldenstaaten in Aussicht zu stellen, mit zur Entspannung in der Euro-Krise beigetragen. Mit dem Blick von außen teilt Ex-EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell den Optimismus mit gelassener Skepsis: Man sei ein Stück weiter gekommen in der Problemlösung, so Tumpel-Gugerell im Ö1-Journal zu Gast.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 15.9.2012
Ex-EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell im Gespräch mit
Die Schuldenkrise ist nach wie vor in aller Munde, und auch das Ende ist nicht wirklich in Sicht - auch wenn Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) von einer deutlichen Entspannung spricht. Vorsichtig optimistisch drückt sich Ex-EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell, eine profunde Kennerin der Materie, im Ö1-Interview aus. Beim Versuch die Krise zu bewältigen, hat es in den vergangenen Tagen eine Reihe wichtiger Entscheidungen gegeben. Die EU-Kommission hat Vorschläge zur besseren Kontrolle der Banken auf den Tisch gelegt.
Vor allem die Tatsache, dass die Europäische Zentralbank EZB angekündigt hat, den Euro in jedem Fall verteidigen zu wollen und unbegrenzt Staatsanleihen der Krisen-Staaten zu kaufen, hat die Lage am Finanzmarkt entspannt. Damit sei man auf einem guten Weg, man habe schließlich auch schon einige schwierige Gipfel erreicht, sagt die ehemalige EZB-Direktorin.
Auch die Entscheidung des deutschen Verfassungsgerichts, den Rettungsschirm ESM für verfassungskonform zu erklären, ist mit Erleichterung zur Kenntnis genommen worden. Die Sorgen der Menschen bleiben aber bestehen und man müsse sie ernst nehmen, wie etwa die Höhe der Hilfen und ob die Kredite auch zurückgezahlt werden, meint Tumpel-Gugerell. Die seit vier Jahren andauernde Krise verlange jedenfalls neue Antworten und Lösungen, meint Tumpel. Europa müsse jetzt mehr zusammenarbeiten als bisher.
"Euro wird überleben"
Auf Griechenland angesprochen, meint Tumpel-Gugerell, sie sei überzeugt, dass ein Verbleib in der Eurozone "die bevorzugte Variante" sei. Für Griechenland sei es jetzt wichtig, wieder Vertrauen und Investitionen zu bekommen. Junge Menschen in Griechenland sollten das Land nicht verlassen, sondern mithelfen, dass es wieder auf die Beine kommt.
Generell geht die frühere EZB-Direktorin davon aus, dass die europäische Einheitswährung überleben wird, mit den heutigen 17 Teilnehmern.
Ob sie die Nachfolge von Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny antreten will, dessen Mandat im kommenden Sommer abläuft, will sich Tumpel-Gugerell zum gegebenen Zeitpunkt überlegen.
- Gertrude Tumpel-Gugerell war von 2003 bis 2011 Direktorin der EZB, und ist heute von den ÖBB bis zur Wiener Städtischen Versicherung in zahlreichen Aufsichtsräten vertreten.