NS-Zeit der Philharmoniker online

Seit heute bietet die Homepage der Wiener Philharmoniker unter dem Punkt Geschichte auch Informationen zum Thema Nationalsozialismus an. Die Historiker Oliver Rathkolb, Fritz Trümpi und Bernadette Mayrhofer haben den aktuellen Stand der Forschung über die Verstrickungen des Orchesters in das NS-System veröffentlicht. Der Vorstand der Philharmoniker hat das nach starkem öffentlichem Druck zugelassen. Die politischen Reaktionen sind positiv, aber alles andere als euphorisch.

Mittagsjournal, 11.3.2013

Manipulierte Dokumente?

Der frühere Staatsoperndirektor Ioan Holender war einer der Kritiker, die den Philharmoniker-Vorstand zum Handeln zwangen. Für Holender ist das ein Faktum: man habe im Dezember auf den Druck von ihm und dem Historiker Walser reagieren müssen.

Auch der angesprochene Grün-Abgeordnete Harald Walser, der die Dinge mit seiner Kritik an der mangelhaften Aufarbeitung der NS-Vergangenheit durch Philharmoniker-Vorstand Clemens Hellsberg ins Rollen gebracht hat, ist nicht zufrieden: es sei ein Schrittchen. Es gebe einzig den Forschungsstand von Dezember 2012 wieder.

Walser und Holender fordern Aufklärung darüber, warum bisher unbekannte Dokumente aus der NS-Zeit im Keller der Staatsoper deponiert wurden - das hat der Historiker Fritz Trümpi auf Ö1 bisher unwidersprochen so dargestellt. Holender dazu: es seien offenbar Dokumente vom Philharmonischen Verein aus der Bösendorferstraße. Fassungslos zeigt sich Harald Walser. Er spricht von offenbar erst jüngst manipulierten Dokumenten. Eine unabhängige Aufarbeitung sei deshalb dringender denn je.

FPÖ sieht Pflicht erfüllt

Erst jetzt ist ja auch ans Licht gekommen, wer dem für die Deportationen der Juden aus Wien verantwortlichen Gauleiter Baldur von Schirach 1966 den Ehrenring der Philharmoniker überbracht hat: Der damalige Geschäftsführer Helmut Wobisch, späterer Gründer des Carinthischen Sommers und als solcher im Vorjahr noch mit einem Gedenkkonzert gewürdigt. FPÖ-Abgeordneter Walter Rosenkranz nimmt den inzwischen verstorbenen Wobisch in Schutz. Man habe gewusst, dass Wobisch ein SS-Mann gewesen sei. Und im Übrigen hätten die Philharmoniker ihre historische Pflicht jetzt erfüllt, so Rosenkranz.

ÖVP: Der Diskussion stellen

ÖVP-Kultursprecherin Silvia Fuhrmann sieht das anders: Transparenz sei der erste Schritt, aber man müsse sich auch der Diskussion zur Verarbeitung der Geschichte stellen.

Und auch Kunstministerin Claudia Schmied (SPÖ) spricht in einer schriftlichen Stellungnahme für das Ö1-Mittagsjournal von einem wichtigen Schritt der Philharmoniker, sich aktiv den dunklen Zeiten ihrer Geschichte zuzuwenden.