Venezuela: Presse mundtot gemacht?
Der Umgang mit kritischen Medien ist eines der umstrittensten Kapitel der Politik von Hugo Chávez, der vor 11 Tagen gestorben ist. Die Opposition in Venezuela schlägt jetzt Alarm und sagt, der letzte kritische Fernsehsender werde von der Links-Regierung gleichgeschaltet. Es geht um den Nachrichtenkanal Globovisión, der an einen regierungsnahen Finanzinvestor verkauft wird. In einem Brief des scheidenden Senderchefs an die Mitarbeiter heißt es, das Unternehmen könne aus wirtschaftlichen und politischen Gründen nicht mehr überleben. Die Frage stellt sich, ob in Venezuela ein weiterer, kritischer Sender - nur vier Wochen vor der Wahl eines neuen Präsidenten - mundtot gemacht wird.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.3.2013
Auf dem Hauptgebäude von Globovision in Caracas weht die venezolanische Fahne auf Halbmast. Zumindest damit ist der 24-Stunden-Nachrichten-Sender auf Regierungs-Linie. Und die lautet: Totale Trauer um Hugo Chavez.
Der Reporter Roberto Giusti berichtet seit 10 Jahren für Globovision, er beklagt sich: das was jetzt passiert, sei der Höhepunkt eines jahrelangen Einschüchterungs-Prozesses, die Regierung habe ihn und seine Kollegen belästigt, verfolgt und erpresst.
Der Verkauf von Globovision sei ein herber Schlag für die Opposition, sagt Klaus Bodemer, Lateinamerika-Experte des renommierten Giga-Instituts in Hamburg. Aber für Professor Bodemer geht es um viel mehr, die Elite hat versagt: "Dieses ganze Verhältnis Regierung und Medien hat strukturelle Ursachen und man kann das nicht damit abtun, dass die Opposition mundtot gemacht wird, Medien werden immer assoziiert mit der Elite, die versagt hat." Und zwar mit der rechts-konservativen Elite, die vor Hugo Chavez an der Macht war. Diese hat dann nach dem Regierungsantritt des Linkspopulisten große Fernsehsender finanziert und Radikal-Opposition betrieben.
Von einer aggressiven Propaganda spricht der Autor der bis jetzt einzigen deutsch-sprachigen Chavez-Biografie, Christoph Twickel: "Die Vorstellung, dass etwa im deutschen Privatfernsehen, Kommentatoren die deutsche Bundeskanzlerin davor warnen, sie könne wie Mussolini enden, nämlich mit dem Kopf nach unten, das wäre in Deutschland undenkbar, in Venezuela an der Tagesordnung."
Oppositionelles Sprachrohr verstummt
Aber auch die Regierung Chavez war nicht zimperlich: Vor sechs Jahren wurde ein großer, kritischer TV-Sender tatsächlich abgeschaltet: die Lizenz wurde schlicht nicht verlängert.
Mit dem Eigentümer-Wechsel bei Globovision verliert die Opposition jetzt ihr wichtigstes Sprachrohr. Mundtot ist sie damit aber nicht, hält Klaus Bodemer fest: "Sie hat die Presse noch weitgehend und sie hat eine ganze Menge an Radio-Kanälen. Aber der Magnet von Chavez fehlt. Medienlandschaft wird sich neu austarieren."
Eines ist aber schon sehr auffällig: Ob aus einer finanziellen Notlage heraus, wie regierungsnahe Medien berichten. Oder aufgrund von politischem Druck, wie die Opposition sagt: Es fällt schwer an Zufall zu glauben, dass der größte regierungs-kritische Fernsehsender gerade jetzt verkauft wird.
Am 14. April wird ein Nachfolger von Hugo Chavez gewählt und ein Wahlkampf-Thema steht mit dem Globovision-Verkauf fest: Die Medien- und Meinungs-Freiheit in Venezuela.-