Studie über Muslime in Österreich

Ein differenziertes Bild über Muslime in Österreich zeichnet eine Studie, die das Integrationsstaatssekretariat in Auftrag gegeben hat: Es gibt große Unterschiede zwischen erster und zweiter Generation. Junge Musliminnen sind meist gut in der Gesellschaft angekommen, junge Männer tun sich schwerer.

Mittagsjournal, 23.4.2013

Traditionelle Rollenbilder

Im Rahmen der IFES-Studie wurden im vergangenen Frühjahr 1.000 Muslime mit türkischem und bosnischem Migrationshintergrund in Österreich befragt. Erstellt wurde sie vom Theologen Paul Zulehner, Meinungsforscher Peter Hajek und Politologen Peter Ulram.

Während bei den Muslimen der ersten Generation eine traditionelle Arbeitsteilung in der Familie stattfindet, haben sich Musliminnen der zweiten und dritten Generation den Österreicherinnen weitgehend angepasst. Das Rollenbild "Mann im Beruf, Frau in der Familie" wird von 39 Prozent der Muslime der ersten Generation unterstützt. Bei der Hausarbeit machen Musliminnen der zweiten Generation weniger als in der ersten Generation, die Männer beteiligen sich mehr.

Muslime, die in erster Generation in Österreich leben, haben einen deutlich höheren Kinderwunsch als die Einheimischen. In der zweiten Generation nähern sich die Werte jenen der Einheimischen an. Musliminnen fühlen sich im Schnitt moderner als die Muslime. Von der ersten zu den nächsten Generationen nimmt der Anteil der Traditionellen ab, jener der Modernen zu.

Religiosität nimmt ab

Die islamische Bevölkerung schätzt sich selbst erheblich religiöser ein, als dies die nicht-muslimische Bevölkerung macht. Halten sich 38 Prozent der Österreicher für religiös, so sind es in der ersten Generation 73 Prozent der Muslime und 87 Prozent der Musliminnen. Diese starke Religiosität nimmt zur zweiten und dritten Generation hin deutlich ab: Muslime nennen sich zu 57 Prozent religiös, Musliminnen zu 62 Prozent.

In Bezug auf die Sprache der Predigt in Moscheen sind 61 Prozent dafür, dass nur bzw. auch auf Deutsch gepredigt wird. Für die Mehrheit der muslimischen Männer (56 Prozent) liegt die Entscheidung darüber, ob eine Muslimin ein Kopftuch tragen soll, bei der Frau. 16 Prozent meinen, dass ihre Frau auf jeden Fall ein Kopftuch tragen sollte bzw. muss, 13 Prozent halten dies in der Öffentlichkeit für nicht notwendig.

Dynamische Entwicklung

Für Zulehner zeigen die Daten den "tief greifenden Wandel", den Muslime in Österreich durchlaufen: "Das betrifft die Geschlechterrollen, das Freiheitsgefühl, das Commitment in der islamischen Kommunität. Hier ist die Islamische Gemeinschaft selbst gefordert." Für Österreich stelle sich die Frage, wie diese dynamische Entwicklung behutsam unterstützt und gefördert werden kann.

IGGiÖ- Frauenreferentin Baghajati erkennt in der Studie einen interessanten Beitrag zur Diskussion über das Auseinanderklaffen der Eigen- und Fremdwahrnehmung. (Text: APA, Red.)