"Bienengipfel": 7.000-mal giftiger als DDT

Zum heutigen "Bienengipfel" des Landwirtschaftsministeriums nicht eingeladen ist nach eigenen Angaben die Umweltorganisation "Global 2000", die sich im Vorfeld besonders engagiert hat. "Global 2000"-Experte Helmut Burtscher warnt im Ö1-Interview, die umstrittenen Neonicotinoide seien 5.000- bis 7.000-mal giftiger als DDT.

Nikolaus Berlakovich

(c) Techt, APA

Morgenjournal, 7.5.2013

Wolfgang Werth spricht mit dem "Global 2000"-Umweltchemiker Helmut Burtscher.

Wie DDT?

Burtscher zieht Parallelen zu DDT, das als völlig unbedenkliches Insektizid gelobt worden sei und sich erst Jahre später, lange nach dem Verbot, als hormonell wirksam und krebserregend herausgestellt habe. Die von Landwirtschaftsminister Berlakovich angegebene Jahresmenge von zehn Tonnen Nicotinoiden in Österreich sei sehr viel: "Die Zahl mag gar nicht so groß erscheinen. Aber das Ganze ist um einen Faktor 5.000 bis 7.000 giftiger als DDT."

Anreicherung in Boden und Wasser

Neonicotinoide träfen Hummeln, Schmetterlinge und Wildbienen genauso wie die Honigbienen, aber auch Würmer und andere Tiere, sagt "Global 2000"-Umweltchemiker Helmut Burtscher. Die Spuren des Gifts in Lebensmitteln seien laut Umweltstudie sehr gering, in Honig überhaupt nicht vorhanden. Wenn diese Neonicotinoide allerdings jährlich eingebracht werden, stiegen wegen der geringen Abbaurate die Werte im Boden und im Wasser. Über eine Anreicherung im menschlichen Körper ist Burtscher nichts bekannt. Die Menschen seien aber indirekt betroffen - nicht nur über das Sterben der Bienen, sondern auch durch den Artenrückgang bei den Insekten, Pflanzen, die nicht mehr bestäubt werden, Pflanzen, die aussterben, und landwirtschaftliche Produkte, die weniger Erträge bringen.

Haltlose Argumente

Gegen den mit Neonicotinoiden bekämpften Maiswurzelbohrer gebe es ein einfaches, ungiftiges Mittel, hebt Burtscher hervor: die Fruchtfolge. Nach einem Jahr mit Maisanbau müsse der Bauer eine andere Frucht anbauen. "Damit kann sich der Maiswurzelbohrer nicht in die nächste Generation retten." Das Argument, dass der Schädling dann eben vom Nachbarfeld käme, lässt der Experte nicht gelten. Denn die Larve könne nicht "rüberhupfen", sondern verkümmere ohne Mais einfach.

Als weiterer Faktor fürs Bienensterben gilt seit den 1980ern die Varroamilbe. Die Neonicotinoide kämen hinzu und verschlimmerten die Lage: Ein Varroa-Befall, der früher unproblematisch gewesen sei, führe nun zum Tod.

Dass ohne Neionicotinoide der Umstieg auf genmanipulierten Mais drohe, wie das in Ungarn passiere, lässt Burtscher nicht gelten: "Deswegen haben wir nicht das Recht, weiter die Bienen zu vergiften."