NSA-Affäre: Weißes Haus beschwichtigt

Held oder Schurke - so lässt sich die Diskussion über die Enthüllungen von Edward Snowden wohl am kürzesten zusammenfassen. Der 29jährige Computertechniker wirft dem US-Geheimdienst NSA vor, wesentlich mehr Daten über Telefon- und Internetbenützer zu sammeln als öffentlich eingestanden. Das Weiße Haus ist jetzt um Schadensbegrenzung bemüht und betont einmal mehr, dass alle Abhörpraktiken rechtens seien.

Morgenjournal, 11.6.2013

Obama pocht auf Rechtmäßigkeit

Ausgerechnet auf der Internetseite des Weißen Hauses haben Unterstützer von Aufdecker Edward Snowden eine Petition für seine Freilassung gestartet: Innerhalb weniger Stunden haben sich bereits mehr als 20.000 Unterstützer eingetragen. Jay Carney, der Sprecher des Präsidenten will zum konkreten Fall nichts sagen - wiederholt aber einmal mehr, dass nach Ansicht des Weißen Hauses nichts Unerlaubtes geschehen sei und der Geheimdienst NSA nach Ansicht des Präsidenten den Rahmen der geltenden Gesetze nicht verlassen habe: "Er geht davon aus, dass die bestehenden Kontrollen die Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre garantieren - aber eine Diskussion ist immer möglich."

Fahndung läuft

Gleichzeitig untersuchen die Behörden bereits die Computer des nach Hong Kong geflüchteten Edward Snowden - und eine Sprecherin des Außenministeriums bestätigt auf Anfrage, dass es mit der ehemaligen britischen Kronkolonie ein Auslieferungsabkommen gebe: "Das Auslieferungsabkommen mit China ist 1996 unterzeichnet und 1998 in Kraft getreten. "

Und der republikanische Abgeordnete Peter King, Mitglied einschlägiger Sicherheits-Ausschüsse, fordert, dass genau dieses Abkommen schleunigst aktiviert werden sollte: "Er muss mit aller Härte verfolgt werden. Wer solche Geheiminformationen enthüllt, muss eine Harte Strafe bekommen. 15 bis 20Jahre Gefängnis."

Rätsel über Motive

Im US-Fernsehen präsentieren Kriminalpsychologen und Ex-Geheimdienstmitarbeiter serienweise Ferndiagnosen über die Motive und die geistige Verfassung von Edward Snowden: Mehrmals wird dabei darauf hingewiesen, dass der Studienabbrecher nur kurz in der Armee und nicht viel länger im Geheimdienst tätig gewesen sei - und daher wohl als nicht besonders glaubwürdig einzustufen sei. Ewen MacAskill, einer der Guardian Journalisten, die mit den Enthüllungen Snowdens an die Öffentlichkeit gegangen sind, verteidigt dagegen seinen Informanten: "Er ist eine beeindruckende Person. Sehr überlegt. Er hat über all das Jahre nachgedacht. Das war keine überstürzte Entscheidung."

Genau das vermutet auch der ehemalige CIA Mitarbeiter Robert Baer. Edward Snowden habe entweder einen genauen Plan oder ein großes Problem: "Ich glaube, er weiß genau was er tut. Er hat sicher die Chinesen vor dem Interview informiert und gesagt, dass er bleiben will. Falls nicht - wäre das ein großer Fehler." Die USA müssten jetzt befürchten, dass Chinas Geheimdienst über Snowden tiefe Einblicke in die Arbeit der US-Kollegen erhalte, so Baer. Die Behörden würden daher gut daran tun, den Überläufer rasch wieder heim zu holen.

Die Hoffnung der mehr als 20.000 Bürger, die mit ihrer Unterschrift Straffreiheit für Edward Snowden fordern, dürfte dann - nach derzeitigem Stand der Dinge - aber eher nicht in Erfüllung gehen.

Übersicht