Neue Zusammenstöße in Ägypten

In Ägypten war gestern wieder politische Mobilisierung auf den Straßen angesagt. Wieder gab es gewalttätige Ausschreitungen mit einigen Todesopfern und vielen Verletzten. Nach den Freitagsdemonstrationen marschierten die Muslimbrüder durch die Stadt und forderten die Rückkehr von Mohammed Mursi ins Präsidentenamt. Die Gegner der Islamisten haben am Abend auf dem Tahrir-Platz demonstriert.

Morgenjournal, 20.7.2013

"Mursi zurück an die Macht"

Gott ist groß, ruft der Vorbeter – und die Sonne brennt gnadenlos auf zehntausende gläubige Muslime herab. Der Platz vor der Rabaa al-Adawiya-Moschee ist der Tahrirplatz der Islamisten. Hier campieren sie seit zwei Wochen, hier beten sie in der prallen Sonne.

Die Gläubigen verneigen sich tief Richtung Mekka – und einige stehen nicht mehr auf: Hitzschlag. Sie werden vom Ordnerdienst zur Seite in den Schatten getragen und mit Wasser besprüht. Aber Trinken, Wasser trinken, das kommt für sie nicht in Frage. Schließlich ist Ramadan, da muss man warten bis Sonnenuntergang.

An das Warten werden sich die Muslimbrüder gewöhnen müssen, denn ihr Wunsch nach der Rückkehr an die Macht ist auch nach diesem Freitagsgebet nicht erhört worden: Mursi Rais – Mohammed Mursi muss wieder Präsident werden – erst wenn diese Forderung erfüllt wird, werde man auch mit den anderen Parteien sprechen - das macht auch der Einpeitscher am Rabaa al-Adawiya-Platz lautstark deutlich. Eine Botschaft, die Islamisten auch bei brütender Hitze kalte Schauer über den Rücken jagt.

Gegner der Islamisten am Tahrir-Platz

Die Antwort folgt wenige Stunden später am Tahrir-Platz: Nein zu Mursi, ja zum Militär, rufen die Gegner der Islamisten nach dem gemeinsamen Fastenbrechen.

Volksfeststimmung auf dem Tahrir-Platz – und das nicht nur, weil ein weiterer Tag des Fastens zu Ende gegangen ist. Das Militär schickt Hubschrauber, die ägyptische Flaggen abwerfen – Feuerwerksraketen steigen in den Abendhimmel. Hier wird noch immer die erfolgreiche zweite Revolution gefeiert, das Wort Militärputsch nimmt hier niemand in den Mund.

Die neue Regierung sei rechtmäßig an die Macht gekommen, heißt es hier. Aber das könnte man auch vom gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi sagen. Sagt man aber nicht – und so spürt man unter dem Halbmond auf dem Tahrir-Platz, wie tief gespalten das ägyptische Volk ist. Wie Tag und Nacht.