Syrien: USA von Giftgaseinsatz überzeugt

Die USA sind nach den Worten von Außenminister John Kerry überzeugt, dass in Syrien Giftgas eingesetzt wurde. Dies sei trotz aller Versuche des syrischen Regimes, dies zu leugnen, "unbestreitbar", sagte Kerry gestern in Washington. Die syrische Regierung weist die Vorwürfe noch immer zurück. Wie die USA und die internationale Gemeinschaft reagieren werden, ist noch nicht entschieden. Ein Angriff wird aber immer wahrscheinilcher.

John Kerry

(c) Reynolds, EPA

Morgenjournal, 27.8.2013

"Moralische Obszönität"

Kerrys Ausführungen sind die bisher härtesten verbalen Angriffe auf das Assad-Regime. Kerry warf dem Regime in Damaskus vor, systematisch Beweise für einen Giftgaseinsatz zu beseitigen. Er beschuldigte das Assad-Regime, die UNO-Inspektoren fünf Tage lang den Zugang zu dem Gebiet des Giftgaseinsatzes verweigert zu haben. Zudem habe das Regime durch den weiteren Beschuss der Gegend Beweise vernichtet. "Das ist nicht das Verhalten einer Regierung, die nichts zu verbergen hat", meinte Kerry. Es sei jetzt völlig klar, dass Chemiewaffen eingesetzt worden seien. Dies sei eine "moralische Obszönität", sagte Kerry. "Was wir in der vergangenen Woche in Syrien gesehen haben, schockiert das Bewusstsein der Welt."

Auch Regierungssprecher Jay Carney machte klar, dass es für Washington kaum noch Zweifel gibt, dass die Führung in Damaskus hinter dem mutmaßlichen Giftgasangriff mit Hunderten Toten steckt. Allein das Regime von Bashar al-Assad verfüge über Raketen, um Chemiewaffen abzuschießen. Carney wollte jedoch nicht sagen, wann und wie die USA und die internationale Gemeinschaft auf den Giftgaseinsatz reagieren wollten. "Wir überlegen uns unsere Optionen, und der Präsident wird eine Entscheidung treffen."

Raketenangriff per Schiff?

Wie ein Angriff auf Syrien aussehen könnte, ist offenbar noch nicht entschieden. Laut US-Medienberichten ist ein Raketenangriff am wahrscheinlichsten. Die Raketen könnten von Schiffen im Mittelmeer abgeschossen werden. Die USA haben vier Zerstörer in der Region. US-Präsident Barack Obama arbeite auf eine gemeinsame Aktion der internationalen Gemeinschaft hin. Was die genauen Ziele eines solchen Angriffe sein könnten, wurde zunächst nicht bekannt. Obama sei mit dem Kongress und mit den Verbündeten im Gespräch, hieß es. Am Montag beriet er sich etwa mit dem australischen Ministerpräsidenten Kevin Rudd. Zudem setzte das Weiße Haus den Präsidenten des US-Abgeordnetenhauses, John Boehner, über mögliche Optionen in Kenntnis, wie dessen Sprecher der "Washington Post" sagte.

Die UN-Vetomacht Russland, ein enger Verbündeter Syriens, warnte die USA vor einer militärischen Einmischung. Moskau bezweifelt weiter, dass das syrische Regime Giftgas eingesetzt hat. Das sagte Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Gespräch mit Cameron nach Angaben der Downing Street in London.

Beschuss durch Heckenschützen

Zuvor waren UNO-Chemiewaffenexperten in Damaskus, die die Giftgas-Vorwürfe untersuchen sollen, gleich zu Beginn ihres Einsatzes unter Beschuss von Heckenschützen geraten. Ihr Konvoi wurde am Montag beschossen, als die Fahrzeuge die imaginäre Frontlinie passierten. Rebellen berichteten, regierungstreue Milizen hätten vom Messe- Militärflughafen aus das Feuer auf das UN-Team eröffnet. Wie die UNO mitteilte, wurde die Untersuchung aber fortgesetzt. Das Team habe "wertvolle Daten" zu den Giftgas-Vorwürfen gesammelt.

Damaskus bestreitet den Einsatz chemischer Kampfstoffe und beschuldigt stattdessen die Rebellen, Giftgas eingesetzt zu haben. Laut Ärzte ohne Grenzen sind in von der Organisation betreuten Krankenhäusern 3.600 Menschen mit Symptomen von Nervengift behandelt worden. Von ihnen seien 355 gestorben.

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