Wahlfarce in Aserbaidschan

In der ehemaligen Sowjetrepublik Aserbaidschan wird heute der Präsident gewählt. Insgesamt treten zehn Kandidaten an, doch das Ergebnis steht schon fest: gewinnen wird Amtsinhaber Ilcham Alijew. Damit wird Alijew, der das Präsidentenamt 2003 von seinem Vater Haidar Alijew übernommen hat, schon zum dritten Mal an der Spitze des öl- und gasreichen Landes im Südkaukasus stehen.

Mittagsjournal, 9.10.2013

Wahlsieg steht fest

"Wir wollen freie Wahlen", rufen Oppositionelle bei einer Kundgebung vor der Wahl: "In Aserbaidschan herrscht keine Demokratie. Die Regierung will keine fairen und freien Wahlen",
kritisiert der Kandidat der vereinigten Opposition, Jamil Hasanli.

Dass die Regierungskritiker ungestört auf die Straße gehen, ist ungewöhnlich, meistens löst die Polizei Protestaktionen gewaltsam auf. Doch vor den Wahlen lockerte Präsident Ilham Alijew die Zügel. Sorgen um seine Wiederwahl muss er nicht haben- laut Umfragen steht die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hinter ihm: "Ich stimme für Alijew und hoffe, alle anderen tun es auch“, sagt etwa Sabir Huseinow aus Baku. „Er sorgt dafür, dass unsere Hauptstadt und das ganze Land immer lebenswerter werden."

Tatsächlich verdankt der 51-jährige Alijew seine Popularität vor allem dem kräftigen Wirtschaftswachstum. Die Einnahmen aus den Öl- und Gasquellen lassen den Lebensstandard der Bevölkerung stetig steigen. Doch hinter den glitzernden Fassaden von Baku verbirgt sich ein autoritäres Regime- echte politische Opposition ist nicht erwünscht und kritische Journalisten landen oft im Gefängnis. Zudem wird der schwerreichen Präsidenten-Familie Alijew immer wieder Korruption vorgeworfen- unter anderem soll sie dubiose Geschäfte über offshore Konten betreiben.

Herrschaft ohne Ende

Dennoch: die Jahrzehnte andauernde Herrschaft der Dynastie Alijew dürfte noch lange weitergehen, meint der Politologe Alexej Wlasow. Zum einen, weil die Opposition kein zukunftsweisendes Programm zu bieten habe. Zum anderen jedoch, so Wlasow, weil Alijew von seinem Vater Haidar Alijew, der das Land seit Sowjetzeiten geführt hatte, ein zuverlässiges Modell geerbt habe: "Der alte Alijew hat seinem Sohn ein Modell hinterlassen, das es ermöglicht, das Land durch eine quasi nicht öffentliche Politik zu führen. Ein Gleichgewicht unter den unterschiedlichen Einflussgruppen im Umfeld des Präsidenten zu halten. Das funktioniert bestens, auch auf regionaler Ebene."

Der Westen übe an der politischen Führung in Aserbaidschan zwar Kritik, meint Politologe Alexej Wlasow, doch an Alijew wollten dennoch alle festhalten. Nicht nur, weil Aserbaidschan ein bedeutender Rohstofflieferant sei: "Aserbaidschan ist ein wichtiger geopolitischer Spieler. Es liegt im Interesse aller, dass dort Stabilität herrscht, vor allem im Hinblick auf den Iran. Weder Russland, noch die EU oder die USA wollen einen politischen Wechsel."

Um 16 Uhr schließen die Wahllokale in Aserbaidschan. Der Wahlsieger Ilham Alijew steht schon fest. Dass der Urnengang mit fairen Wahlen wenig zu tun hat, zeigt unterdessen ein peinlicher Fehler, der einer Firma unterlaufen ist, die spezielle Wahlprogramme für smartphones anbietet: sie hat schon gestern versehentlich das Resultat veröffentlicht: 72 Prozent für Ilham Alijew.