Südafrikas Kampf gegen Aids

Lange Zeit hat die politische Führung in Südafrika das Aids-Problem geleugnet. Heute ist es kaum mehr in den Griff zu bekommen. Auch wenn Dank privater und politischer Initiativen die Zahl der Aids-Toten in Südafrika in den vergangenen drei Jahren zurückgegangen ist, bleibt die Zahl der Infizierten in Südafrika die höchste der Welt.

Mittagsjournal, 13.12.2013

Aus Südafrika berichtet

Jahrzehnt der Versäumnisse

Der ehemalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki war noch 2000 der Meinung, dass Aids zwar tatsächlich eine Immunschwächekrankheit sei, diese aber nicht vom HI-Virus ausgelöst werde. Die Conclusio damals: Südafrika brauche keine westlichen Aids-Medikamente. Mbeki empfahl Aids-Kranken, sie sollten eine Diät aus Knoblauch, Zitrone, roter Beete und Olivenöl einhalten. Laut einer Studie der Harvard University ist der ehemalige Präsident deshalb für den Tod von mehr als 300.000 Menschen in Südafrika verantwortlich. Unter so fatalen Fehleinschätzungen wie dieser leidet das Land noch heute. Wie man dagegen ankämpft, zeigt ein Augenschein in einem Krankenhaus in Johannesburg.

Selbsthilfegruppen als Anker und Zuhause

Mitten im Township Soweto steht ein fünfeckiges, ebenerdiges Haus. Es ist das Michael Maponya Krankenhaus. Vor dem Haus steht der rund fünfzigjährige Joseph, er kommt jede Woche hierher um gemeinsam mit anderen Betroffenen über seine Krankheit zu reden: "Ich bin seit 2002 HIV-positiv. Wenn du deiner Familie das sagst, dann diskriminieren sie dich. Aber hier ist das anders, das ist mein Ort hier, das ist mein Zuhause", sagt er und lacht.

Tammy arbeitet seit drei Jahren als Aids-Beraterin im Maponya Krankenhaus: "Das ist unsere Selbsthilfegruppe, wir treffen uns jeden Mittwoch hier und reden über HIV, retrovirale Medikamente, über Schwangerschaft, Sex und über den Gebrauch von Kondomen" In einem kleinen, grün gestrichenen Raum sitzen rund 40 Menschen auf Plastiksesseln zusammen - eine davon ist Naomi: "Mein Freund ist HIV-positiv und ich bin heute hier um ihn zu unterstützen. Auch wenn du selbst nicht infiziert bist, bist du davon betroffen. Weil du mit deinem Freund alles gemeinsam durchmachst. Und früher oder später kannst du auch selbst infiziert werden."

Die Selbsthilfegruppe ist ein wichtiger Anker für die Betroffenen: "Die die nicht darüber reden, begehen Selbstmord oder glauben, es sei ein Fluch. Aber es ist kein Fluch. Je mehr du darüber weißt, desto besser ist es für dich."

Pflege auch zuhause

Seit Ende April gibt es in Südafrika ein neues HIV-Medikament, das erstmalig bis zu fünf Pillen in einer Kapsel vereint, auch Lindy nimmt sie: "Wir danken Gott für diese Pille, wir bekommen sie gratis in dieser Klinik. Und vielleicht kann Aids ja auch irgendwann einmal geheilt werden. Am 25. Februar bin ich zehn Jahre lang HIV positiv und es geht mir gut, für mich wird das ein zweiter Geburtstag sein."

Viele Menschen, die HIV-positiv sind, kommen nicht ins Spital erzählt Silveka: "Ich pflege Menschen, die Aids haben, zuhause. Insgesamt sind es 50 Patienten und ich ermutige sie, hierher zu kommen, um sich Medikamente zu holen und sich testen zu lassen. Ich habe mich auch testen lassen. Ich bin nicht infiziert."

Immer mehr lassen sich testen

Auf einem Rundgang erklärt Tammy: "Dieses Spital ist für fünf Gebiete des Townships hier. In jeder Hütte oder jedem Haus wohnen circa elf Menschen. 2000 kommen pro Tag zu uns, aber es sind wahrscheinlich Millionen, die hier leben. - Hier werden die Schnelltests gemacht. Im November haben sich 862 Menschen testen lassen. 84 waren positiv, 787 sind HIV-negativ."

In einem anderen Raum klärt eine Ärztin junge Frauen über Verhütung auf: "Wir ermutigen sie dazu, Kondome zu benutzen und geben ihnen welche mit. Wir informieren sie über Aids, aber manche sind ignorant und wollen das nicht hören." Gleich daneben gibt eine Kollegin die Medikamente aus: "Dieser Mann bekommt seit Oktober die Medikamente. Im Moment versorgen wir 3.625 HIV-Positive damit. Und die Zahl steigt, wir bekommen viele neue Fälle, aber das ist gut, weil sich mehr Menschen testen lassen und dadurch weniger sterben."

Im Micheal Mapony Krankenhaus gibt es genug Medikamente für alle Patienten. In Krankenhäusern außerhalb der großen Städte ist das nicht der Fall. Dort sind die Aids-Kranken nicht nur mit der schwierigen Versorgung konfrontiert, sondern auch mit schlechter Aufklärung und Aberglauben. Aids ist dort noch immer ein Tabuthema.