Ukraine: "Opposition hat Kontrolle verloren"

Bis heute Abend gibt die Opposition in der Ukraine Präsident Viktor Janukowitsch Zeit, dann muss er zurücktreten. Aber was dann passiert, ist unklar, weil die Opposition die Kontrolle über die Proteste verloren hat, sagt Alexander Umland, deutscher Politikwissenschaftler an der Universität Kiew, im Ö1-Gespräch. Er wundert sich, dass die EU nicht mehr Druck ausübt.

Unruhen und Kämpfe in Kiew

(c) Dolzhenko, EPA

Mittagsjournal, 23.1.2014

Politologe Alexander Umland im Gespräch mit Christian Williwald.

Neue Eskalation

Die Opposition habe bisher auf gewaltfreien Widerstand gesetzt und verliere nun allmählich die Kontrolle über die Proteste, sagt Umland. Der Politologe erwartet, dass Janukowitsch nicht auf das Ultimatum reagiert. Wie es dann weitergeht, ist schwer zu sagen. Jedenfalls könne das nur zu einer neuen Eskalation führen. Denn unter den Demonstranten seien gewaltbereite Hooligans, die zunehmend bestimmten, was passiert.

Regime mit Besitz in Österreich

"Das Traurige" sei, dass die EU und auch Staaten wie Deutschland und Österreich viel Druckpotenzial hätten, weil die Regierungsmitglieder Bankkonten, Immobilien usw. in den EU-Staaten hätten. "Aber da ist bisher nichts passiert." In dem führenden Internetmedium "Ukrainska Prawda" habe es eine lange Liste gegeben, welche Besitztümer und Immobilien ein Vertreter des Regimes namens Klyev in Österreich hat. "Das Paradoxe ist, dass die Minister und Abgeordneten schon Teile Europa sind. Die haben in der EU ihre Konten, Immobilien und Firmen. Die brauchen die EU-Integration gar nicht mehr. Die haben eh schon einen Teil ihres Lebens in der Europäischen Union."

Regime hält noch zusammen

Dass sich die Regierung auf ein Ultimatum einlässt und Janukowitsch tatsächlich abtreten könnte, glaubt Umland nicht. Solange die Regierungsmannschaft und die Partei zusammenhalten, werde Janukowitsch keine Zugeständnisse machen. Kritisch würde es für ihn erst, wenn das Regime zu bröckeln anfinge und die Abgeordneten oder Minister davonlaufen. Die bisherigen Absetzbewegungen seien nicht groß genug gewesen.

Die Ukrainer haben Junokowitsch schon einmal verjagt, in der orangenen Revolution 2004. Ob er daraus "gelernt" hat und noch etwas anderes im Programm hat als noch härter durchzugreifen, will Umland nicht einschätzen. Schon bisher habe Janukowitsch irrational gehandelt, denn mit etwas Kompromissbereitschaft hätte er sein Regime stabilisieren können und sei nun in einer Position, in der er nur verlieren könne.