Mladic als Zeuge gegen Karadzic

Der frühere bosnisch-serbische Armeechef Ratko Mladic musste im Jänner 2014 gegen seinen Willen im Kriegsverbrecher-Prozess gegen den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic aussagen. Das UNO-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag hatte einer Bitte Karadzics stattgegeben, den einstigen Weggefährten als Zeuge vorzuladen.

Radovan Karadzic

Radovan Karadzic bei seiner ersten Vorführung vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal im Jahr 2008.

EPA/REUTER POOL/JERRY LAMPEN

Mittagsjournal, 28.1.2014

Bizarrer Auftritt vor "Teufelsgericht"

Mladic verweigerte allerdings zunächst die Aussage. "Ich erkenne dieses Gericht nicht an und kann vor ihm nicht aussagen", erklärte Mladic. Das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) sei ein NATO-Gericht, ein "Teufelsgericht", setze Mladic fast schreiend fort. Sein Antrag, einen selbstverfassten Text vorzulesen, wurde abgelehnt. Ebenso der Antrag seines Anwalts Branko Lukic, Mladic aus gesundheitlichen und sonstigen Gründen von der Aussage zu befreien. Ihn zur Aussage zu verpflichten wäre laut Lukic ein Verstoß gegen Menschenrechte. Mladic sei derzeit nicht einmal in der Lage, in seinem eigenen ICTY-Prozess auszusagen. Der Anwalt beantragte eine erneute ärztliche Untersuchung seines Mandanten. Er habe Angst vor niemanden, erklärte Mladic, der nach anfänglicher Weigerung in seine Vereidigung einwilligte. Danach musste allerdings sogleich eine Prozesspause eingelegt werden, denn aus der Gefängniszelle von Mladic musste zuerst dessen Zahnprothese geholt werden.

Mann im Anzug

Ratko Mladic vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. (Videostill)

APA/EPA/ICTY

Vorwurf Völkermord

Karadic und Mladic haben sich in getrennten Prozessen u.a. wegen Völkermordes an rund 8.000 bosnischen Muslimen in Srebrenica sowie wegen des dreijährigen Beschusses von Sarajevo zu verantworten. Karadzic war im Juli 2008 in Belgrad festgenommen worden, wo er als unter falscher Identität als Heilpraktiker tätig war. Mladic wurde im Mai 2011 in einem Dorf in der serbischen Region Vojvodina dingfest gemacht. Er hatte sich dort bei einem Verwandten versteckt.

Karadzic will laut eigenen Ankündigungen Mladic vor allem zu den Kriegsverbrechen in Srebrenica und Sarajevo befragen. Konkret soll es um die Frage gehen, ob Karadzic als Präsident der bosnischen Serben von Mladic je über Massakerpläne informiert wurde.

Text: APA, Red./Audio: ORF