Dmitri Bulatow: Gefoltert für den Umsturz

Er ist zu einer Symbolfigur der ukrainischen Demokratiebewegung gegen das Regime Janukowitsch geworden - Dmitri Bulatow, jener Mann, der während der Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew von bisher unbekannten Männern, vermutlich Spezialeinheiten entführt, brutal misshandelt und ein Ohr abgeschnitten wurde. Bisher ist noch nicht nachgewiesen, wer genau dahinter steckte. Bulatow selbst vermutet russische Spezialeinheiten. Jetzt ist der 35-Jährige Minister für Sport und Jugend in der neuen Übergangsregierung von Arseni Jazenjuk.

Mittagsjournal, 5.3.2014

Aus Kiew,

  • Ein Herr, Bulatow-Folteropfer, im Gespräch mit Karin Koller.

    Dmitri Bulatow im Gespräch mit Karin Koller.

    (c) ORF

  • Verstorbene

    Gedenken an die Toten vom Maidan im Parlament in Kiew

    (c) Koller, ORF

  • Verstorbene

    (c) Koller, ORF

  • Stand in Kiew

    (c) ORF

  • Ausstellung der Munition die auf Maidan gefunden wurde.

    Ausstellung der Munition, die auf Maidan gefunden wurde.

    (c) ORF

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Im Kampf für Demokratie

Der 22. Jänner 2014 hat sein Leben völlig verändert - das war der Tag, an dem Dmitri Bulatow von unbekannten Männern entführt wurde, tagelang wurde er gefoltert, misshandelt und dann in einem Wald nahe Kiew bei Minus 25. Die Bilder seines schwerverletzten Gesichts waren tagelang in allen Zeitungen und im Internet zu sehen: eine große Narbe auf der rechten Wange ist ihm davon geblieben, und ein verstümmeltes rechtes Ohr.

Er sei zwar noch nicht ganz gesund, aber er rette sich jetzt in die Arbeit, sagt Dmitri Bulatow. Seit etwas mehr als einer Woche ist er, einer der Helden des Maidan, nun Minister für Jugend und Sport in der Regierung Jazenjuk: Ich fühle mich ganz gut derzeit. Weil die Arbeit mir hilft, all das zu vergessen, die Arbeit jetzt ist anstrengend, ich muss mich konzentrieren und das ist gut so. Es gibt ein Ziel, viel Neues und das füllt mich aus.

Schlafen würde er, wie die meisten in der Regierung derzeit nur wenig, das sei er vom Maidan auch noch gewohnt. Er habe große Pläne und die versuche er nun umzusetzen: Mir geht es vor allem um Transparenz. Die Staatlichen Einrichtungen waren bisher den normalen Menschen nahezu unzugänglich. Ich will ein offenes Ministerium, wir suchen dafür Wege, wie dir das umsetzen können, holen uns auch Tipps im Ausland. Es ist mir nicht unangenehm zu zeigen, dass wir lernen müssen.

Ringen um Stabillisierung des Landes

Politiker wollte der heute 35-Jährige eigentlich nie werden, dem Maidan hat er sich angeschlossen, als die ersten Demonstranten zusammengeschlagen wurden. Es ging mir dabei vor allem um Gerechtigkeit, betont er. Vor dem Maidan arbeitete er als Werbefachmann, hatte dabei auch eine Autofirma und ein Restaurant. Die korrupten Zustände in der Ukraine hätten ihn aber gezwungen, einiger seiner Firmen aufzugeben: Wer irgendwie im Business hier tätig ist, kommt mit der Korruption in Berührung, mehr noch, wird von ihr fertig gemacht. Für jedes Dokument, für jede Genehmigung zahlst du Schmiergeld. Dagegen anzukämpfen ist sicherlich eine der Hauptaufgaben der Regierung. Das ist ein schwieriges Unterfangen, weil es schon so zum Alltag gehört und große Bevölkerungsgruppen nur von diesen Schmiergeldzahlungen leben.

Es ist eine Herkulesaufgabe, aber wir werden das ändern, betont Bulatow. Die Krise auf der Krim mit Russland und die damit verbundene labile Lage in der Ukraine wird dies der Regierung wohl aber nicht leichter machen: Wir können derzeit nicht ruhig arbeiten, das ist klar. Wir sind in erster Linie um die Stabilisierung auf der Krim und im Land beschäftigt. Aber wir machen unsere Regierungsarbeit trotzdem. Wir beschließen Gesetze, zum Beispiel für die Entpolitisierung der Justiz. Jede unserer Handlungen ist ausgerichtet darauf, den Leuten ein Gefühl von Sicherheit zu geben. Das zeigt mir, dass ich nicht umsonst an der Regierung mitbeteiligt bin.

Doch wenn er dann die Fernsehbilder von der Krim sieht oder aus dem Osten der Ukraine, wo Demonstranten geprügelt werden - da würde er am liebsten seinen Ministersessel wieder räumen und auf den Maidan wieder gehen. Doch, fügt er hinzu - er sei dem Premierminister ihm Wort.