Ukraine-Konflikt: Angst vor Einmarsch Russlands

Im Osten des Landes haben prorussische Kräfte die Unabhängigkeit der Region Donezk ausgerufen, am Abend haben Antiterroreinheiten ein Geheimdienstgebäude geräumt, das von Pro-Russland-Demonstranten besetzt war. Die Angst ist weiter groß, dass Russland die Unruhen zum Vorwand nimmt, um in den Osten der Ukraine einzumarschieren, ganz nach dem Vorbild der Krim.

Mittagsjournal, 08.4.2014

Innenminister Avakov spricht von Sabotage

Die Szenen ähneln sich: Gestern Nacht wurde in Charkiv, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, von prorussischen Demonstranten eine unabhängige Volksrepublik ausgerufen. Mehrere tausend Menschen jubelten, einige hundert von ihnen stürmten das Gebäude der Regionalverwaltung. Die Polizei schritt nicht ein. Erst in den Morgenstunden, als Spezialeinheiten der ukrainischen Polizei von Kiew eintrafen, konnte das Gebäude wieder geräumt werden. 70 Personen wurden festgenommen, verkündet Innenminister Arsen Avakov gegenüber dem Internetsender hromadske.tv. "Das Gebäude wurde ohne Schusswechsel geräumt", betont er. Augenfällig war die Untätigkeit der lokalen Polizei. Innenminister Avakov spricht von teilweiser Sabotage. Man werde die Verantwortlichen suchen, ein Teil der Polizisten wird nun ausgetauscht.

Polizei greift nicht ein

"Die Ereignisse der letzten Nacht haben Angst gemacht", sagt Tatjana Raida, Journalistin beim lokalen TV-Sender in Charkov. "Es gab ja auch proukrainische Demonstranten, doch diese wurden von den anderen verprügelt. Die Polizei hat sie gewähren lassen. Wir hatten so ein Gefühl, als wären wir total ungeschützt." Dass die Polizei so untätig blieb, führt sie auf die Ereignisse der letzten Monate in Kiew zurück. "Die Polizisten fühlen sich von der Öffentlichkeit schlecht behandelt. Die steht vielfach auf dem Standpunkt: In Kiew habt ihr Molotow-Cocktails auf uns geworfen und jetzt sollen wir euch helfen. Nein, macht es doch alleine“, sagt Raida. Die Lage in Charkow sei jetzt ruhig, die Gebäude der Regionalverwaltung werden nun von den Spezialeinheiten des Innenministeriums kontrolliert, so die Journalistin.

Tiimoschenko will sich Bild von Lage machen

In Donezk hingegen halten prorussische Demonstranten weiterhin zwei Gebäude der Regionalverwaltung besetzt. Spezialeinheiten der Polizei aus Kiew sollen auf dem Weg nach Donezk sein. Gestern ist dort Präsidentschaftskandidatin Julia Timoschenko eingetroffen. Sie wolle sich nur mal ein Bild von der Lage machen, sagt Timoschenko. Doch wenige Wochen vor den Präsidentenwahlen ist der Besuch in der heiklen Region bewusst Teil ihrer Wahlkampagne.
Und sie macht dann auch einmal mehr Russland als Drahtzieher für die Unruhen in der Ostukraine verantwortlich. "Es sind zwei Gruppen der prorussischen Demonstranten. Die einen sind Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes, die anderen sind Leute, die angeheuert wurden und die sind sehr aggressiv. Ein Teil von denen, die die Gebäude besetzt halten, hat Waffen", sagt Timoschenko. Russland weist diese Vorwürfe zurück. Das Außenministerium in Moskau hat ihrerseits die Regierung in Kiew gemahnt, die Lage in der Ostukraine nicht eskalieren zu lassen.