AHS-Direktoren für Türkisch als Maturafach
Türkisch als Maturafach ist auch 50 Jahre nach der Anwerbung der ersten Gastarbeiter aus der Türkei in Österreich fast ein Tabuthema. Vor drei Jahren machte die damalige Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) einen Vorstoß für die Türkisch-Matura - nach großem Aufschrei folgte Funkstille. Dabei sind Praktiker mit deutlicher Mehrheit dafür, wie eine bundesweite Umfrage unter AHS-Direktoren ergeben hat.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.6.2014
72 Prozent für Türkisch-Matura
Gescheitert ist der Vorstoß für die Türkisch-Matura 2011 am Nein der ÖVP, die zuständige SPÖ-Ministerin Schmied machte daraufhin rasch einen Rückzieher. Obwohl damit Türkisch als Einwanderersprache diskriminiert bleibt, denn die Matura etwa in Tschechisch, Ungarisch, Slowenisch und Bosnisch-Kroatisch-Serbisch ist längst möglich. Zuletzt hat sich ausgerechnet die Wiener ÖVP-Gemeinderätin Isabella Leeb für Türkisch als Maturafach ausgesprochen.
Die Plattform SOS Mitmensch liefert jetzt aktuelle Daten, die zeigen, dass das Thema auch bei den Direktoren maturaführender Schulen voll mehrheitsfähig ist. Befragt worden sind 50 AHS-Direktoren, die ein Siebtel aller AHS repräsentieren - 72 Prozent sind für die Türkisch-Matura. Ein Detail sticht für Alexander Pollak von SOS Mitmensch besonders hervor: "Wo es einen relativ hohen Anteil an Kindern gibt, die neben Deutsch auch Türkisch sprechen, gibt es auch die größte Offenheit dafür, Türkisch als Maturafach einzuführen."
Heikles Thema für SPÖ
In Tirol liegt die Zustimmung bei 80, in Wien fast bei 90 Prozent. Die Argumente der Schulleiter: Die Türkisch-Matura fördere die Integration und erleichtere türkisch-stämmigen Schülern den Zugang zu höherer Bildung, Türkisch als Muttersprache heiße oft geringer Wortschatz und wenige Grammatik- Kenntnisse, weil nur zu Hause und mit Freunden Türkisch gesprochen werde. Da könne Türkisch als Maturafach, wie es in Deutschland längst selbstverständlich ist, ansetzen. Alexander Pollak appelliert an die Politik: "Das Thema wird seit Jahren auf die lange Bank geschoben. Mit der Umfrage versuchen wir, diesen Stillstand zu überwinden. Jetzt läge es an der Unterrichtsministerin, diesen Rückenwind auch zu nutzen."
Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat sich freilich bisher - auch nach dem Wiener ÖVP-Vorstoß -bedeckt gehalten. Es ist ein heikles Thema, besonders für die Wiener SPÖ, die schon im Wahlkampfmodus ist. Nächstes Jahr wird in Wien gewählt. Und Parteichef Michael Häupl hat sich 2010 schon einmal in die Nesseln gesetzt, als er über die Einrichtung türkischer Schulen sinniert hatte.