Neue Mittelschule schneidet schlecht ab

Die Neue Mittelschule, die die Hauptschule bis 2018 komplett ersetzen soll, erfüllt die Erwartungen in den zentralen Bereichen nicht. Das ist das Ergebnis der jetzt fertigen Evaluierung, die das Bildungsministerium in Auftrag gegeben hat. Die Studie mit ihrer im Grunde vernichtenden Kritik an dem Schulmodell, das von SPÖ und ÖVP forciert worden ist, liegt dem Ö1-Morgenjournal vor.

Angespitzte Buntstifte

APA/GEORG HOCHMUTH

Morgenjournal, 4.3.2015

Keine Hinweise auf höheres Niveau

Für die SPÖ war es der Einstieg in die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen, für die ÖVP eine Aufwertung der Hauptschule auch am Land - wo diese meist gut funktioniert und als Neue Mittelschule noch mehr Ressourcen durch den verstärkten Lehrereinsatz in den zentralen Fächern lukrieren kann.

Fast 250 Millionen Euro kostet der flächendeckende Ausbau bis 2018 - eine Investition, die sich vielleicht nicht wirklich lohnt, wenn man die Evaluierungsstudie liest. Zitat: Insgesamt gibt es keine belastbaren Hinweise, dass das Niveau der NMS im Durchschnitt über dem vergleichbarer Hauptschulen liegt. Vielmehr bestehen Zweifel ob dieses an allen Standorten tatsächlich erreicht wird.

Ausnahme sind hier die Modellklassen der ersten Generation, wo das Konzept der Neuen Mittelschule vorbildhaft umgesetzt worden sei und zu Leistungsverbesserungen geführt habe. Das treffe aber nur auf ein Fünftel aller NMS-Klassen zu. Für die anderen gelte: Nachweise der Wirksamkeit einzelner Maßnahmen, z.B. des Team-Teachings oder der Kooperation mit den Höheren Schulen konnten im Rahmen des vorgegebenen Designs der Evaluation nicht abgesichert werden. Und weiter: für die von den NMS erwarteten Verbesserung der Förderung vor allem der leistungsschwächsten Schüler finden sich in den Evaluationsergebnisse keine Belege.

Weniger Gewalt, besseres Lernumfeld

Die Autoren der Studie führen die schlechten Ergebnisse nicht zuletzt darauf zurück: dass das NMS-Konzept an zahlreichen Standorten nur unzureichend umgesetzt scheint. Nach den vorliegenden Analysen betrifft dies mehr als die Hälfte der Standorte.

Dem kleinen Anteil von Modellklassen steht also eine Mehrheit von Normal- und Traditionsklassen gegenüber, in denen die Effekte des teuren Team-Teaching und der Öffnung des Unterrichts praktisch ohne erkennbare Wirkung verpuffen. Obwohl die Neue Mittelschule die Regelschule ist.

Nicht umsetzen ließ sich laut Studie auch der Anspruch einer sozialen Durchmischung an den Neuen Mittelschulen - der Zustrom in die AHS-Unterstufe sei unverändert geblieben. Die fehlende Zielerreichung hängt auch damit zusammen, dass die NMS nicht als Ersatz sondern in Konkurrenz zu etablierten Schulformen eingeführt und wie sich zeigt, sozial selektiv ausgewählt wurde.

Fazit der Autoren: der Beitrag der NMS in gesellschaftlicher Hinsicht insbesondere zur Förderung von Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit ist nach den bisher vorliegenden Daten gering. So viel zur NMS als Einstieg in die gemeinsame Schule. Positiv vermerkt wird nur ein gewisser Wohlfühlfaktor für die Schüler - weniger Gewalt, besseres Lernumfeld.

Jetzt muss die Politik ihre Schlüsse aus der Evaluierung ziehen. Man darf gespannt sein. Für die ÖVP jedenfalls hat Klubobmann Reinhold Lopatka schon vor einem halben Jahr klargemacht, was ein Versagen der NMS heißen würde. Im Ernstfall, so Lopatka damals, muss man auch den Mut haben, das rückgängig zu machen.