Jonas Kaufmann und Elina Garanca

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

Multimedial im ORF

"Parsifal" als "Denkmal der Pandemie"

Der russische Starregisseur Kirill Serebrennikow möchte mit seiner "Parsifal"-Interpretation an der Wiener Staatsoper der Pandemie ein Denkmal setzen. Wagners Spätwerk - mit Jonas Kaufmann und Elina Garanca in der Titelpartie - ist am Wochenende im ORF multimedial zu erleben: in ORF 2, Ö1 und auf ORF.at.

Der 51-Jährige Serebrennikow wurde lange von der russischen Justiz verfolgt, hatte lange Zeit im Hausarrest verbracht und wurde im Vorjahr zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Mit Ende Februar verlor er auch seinen Posten Chef des Gogol-Zentrums, was der Theatermacher pragmatisch kommentierte: "Ich hoffe, dass ich jetzt ein wenig mehr Spielraum für das eigene Arbeiten habe."

Während der Arbeit am Wiener "Parsifal" jedenfalls sei sein persönlicher Lockdown in einen globalen Shutdown übergegangen. Nun hätten alle Menschen die Erfahrung gemacht, mit sich selbst konfrontiert, auf sich selbst zurückgeworfen zu sein. "Ich bin reicher geworden durch diese Geschichte", zeigte sich Serebrennikow als jemand, der sein eigenes Schicksal angenommen hat.

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"Jeder Mensch in einem Gefängnis ruft bei mir Mitgefühl hervor" Kirill Serebrennikow

Im Bezug auf den inhaftierten Oppositionellen Alexei Nawalny und seinen Hungerstreik könne er nur sagen: "Jeder Mensch in einem Gefängnis ruft bei mir Mitgefühl hervor. Umso mehr, wenn er ein Mensch ist, der aufgrund seiner Überzeugungen in einem Gefängnis sitzt." Die dominante Struktur der Gefängnisse sei ein Teil des russischen Systems und aus dessen Geschichte heraus entstanden.

Bezeichnenderweise lässt Serebrennikow seinen "Parsifal" nun in einem Gefängnis spielen, eine Metapher, die für ihn die berühmte Librettozeile "Zum Raum wird hier die Zeit" perfekt widerspiegle. Ganz grundsätzlich sei das Wagner'sche Alterswerk für ihn die Reflexion darüber, wie Verstand und metaphysische Weltwahrnehmung in Einklang gebracht werden können: "Es ist eine Oper über die Möglichkeit eines Wunders."

"Wo viel Licht, da viel Schatten" - Der Dirigent und Musikdirektor der Wiener Staatsoper Philippe Jordan macht sich "Gedanken" über Leben und Sterben - nicht nur in der Musik -, Selbstzweifel, die ihn seit der Kindheit begleiten und Sinnlichkeit als Triebfeder des Seins.

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Videostram aus Moskau

Seine Visionen in Wien praktisch umsetzen muss der Regisseur ob des nach wie vor bestehenden Reiseverbots mittels Videoliveschaltung aus Moskau. "Er kann jetzt die Proben live und in Echtzeit verfolgen und leiten", erläuterte Staatsopern-Chefdramaturg Sergio Morabito die technische Seite der Umstände - die Serebrennikow selbst nicht als ideale Dauerlösung sieht: "Das hat keinerlei Vorteile."

Parsifal, Bühnenansicht

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

In jedem Falle soll die "Parsifal"-Aufzeichnung nun am 11. April vor weitgehend leerem Haus über die Bühne gehen, wobei am Pult Musikdirektor Philippe Jordan steht, der ein Ensemble leitet, dem mit Jonas Kaufmann in der Titelpartie und Elina Garanca als Kundry zwei Weltstars vorstehen, wobei Letztere ihr Rollendebüt feiert.

Text: APA/Red.

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Wiener Staatsoper - Parsifal