Experte Hopmann sieht Heimkinder gefährdet
Wilhelminenberg ist überall
Während Gewalt und Misshandlungen im ehemaligen Heim Wilhelminenberg die Öffentlichkeit schockieren, stellt sich auch die Frage, was sich heute in den Einrichtungen, in denen Kinder untergebracht sind, abspielt. Bildungswissenschafter Stefan Hopmann, meint, es gäbe immer noch solche Fälle. Ein großes Problem sei die Grundhaltung gegenüber Kindern in Österreich.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 20.10.2011
Fälle auch heute noch möglich
Die Einrichtungen sind kleiner, die Pädagoginnen und Pädagogen besser ausgebildet als früher. Insofern gibt es sicher weniger Vorfälle als früher, sagt Bildungswissenschafter Stefan Hopmann, aber es sei naiv zu glauben, dass es heute keine Menschen mehr gebe, die Kindereinrichtungen gezielt aussuchen, um Kinder auszunutzen.
Kinder brauchen Vertrauenspersonen
Kinder, die in Einrichtungen leben, brauchen dringend unabhängige Ansprechpersonen, fordert Hopmann - so etwas wie Ombudsstellen, an die sie sich wenden können, wenn sie zum Beispiel misshandelt werden. Das müssten Leute sein, die speziell für die Arbeit mit Kindern ausgebildet sind und unabhängig sind. Und für die Kinder müsste es leicht sein, sich direkt an sie wenden zu können.
Beispiel: Ohrfeige des Direktors
Ein Grundproblem in Österreich sei die Einstellung gegenüber Kindern, Institutionen werden noch immer als Gabe des Staates an die Untertanen verstanden, sagt Hopmann und nennt als Beispiel das Argument der Finanzprokuratur, die vor einigen Wochen einen Schüler dafür verantwortlich gemacht hat, vom Direktor geohrfeigt worden zu sein. Die Grundhaltung dahinter, so Hopmann, sei dass die Kinder die Schuld haben und die Institution habe Recht. Damit würde die Schuld umgekehrt. Wäre die Stellungnahme in Norwegen abgegeben worden, wäre der Verfasser suspendiert worden.
Österreich hinkt nach
Diese Grundhaltung zeige sich laut Stefan Hopmann auch daran, wie Österreich den Missbrauchsskandal der vergangenen Jahre aufarbeitet. Es müsste jemand völlig weisungsfreier und unabhängiger sein, das sei in Österreich nicht der Fall.
Aber auch in diesen Fällen, kritisiert der Bildungswissenschafter, verstehen sich viele Institutionen noch immer als geschlossene Systeme und nicht als Institutionen im Auftrag der Kinder.
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