EU stellt Italien Ultimatum

Berlusconi mit dem Rücken zur Wand

Zwar ist Griechenland nach wie vor das große Sorgenkind der Eurozone, aber auch Italien kommt mit seinen Schulden immer mehr in den Brennpunkt der Aufmerksamkeit. Gestern ist Italien in Brüssel sogar öffentlich gerügt worden. Die italienische Regierung solle so rasch wie möglich Strukturreformen bekanntgeben.

Mittagsjournal, 24. 10. 2011

Kein Spielraum für Italien

Die Zeit drängt. Der Spielraum für Italien ist mehr als reduziert. Auch Silvio Berlusconi, überzeugt der beste Ministerprädient aller Zeiten zu sein, scheint verstanden zu haben, dass es sich diesmal um eine Art Ultimatum handelt. Europa will strukturelle Reformen. Und zwar sofort. Anders als noch am Freitag, wo Berlusconi im Kreise einer Parteiveranstaltung - sicher die Claqeure auf seiner Seite zu haben - Optimismus verbreitete, stellte er sich gestern am späten Abend in Brüssel der Presse. Angespannt und nervös. Dabei stellte er eine Anhebung des Pensionsalters in Aussicht. "Es wurde ein Pensionsalter von 67 Jahren angesprochen. Ich werde das mit der Lega diskutieren. Das und auch das Faktum, dass wir das einzige Land sind, das eine Alterspension hat."

Ultimatum bis Mittwoch

Bis spätestens Mittwoch hat Italien also Zeit, um Brüssel einen Plan vorzulegen. Heute Abend findet daher eine Sondersitzung des Parlaments statt. Eines ist dabei jetzt schon sicher: Das Thema Pensionen wird zu einem weiteren Konflikt mit dem Koalitionspartner Lega Nord führen. Fraktionschef Marco Reguzzoni hat bereits wissen lassen, dass die Lega von einer Erhöhung des Pensionsalters nichts wissen wolle. Ebenso wenig komme für sie eine Vermögenssteuer in Frage. Ministerpräsident Berlusconi möchte daher für die Reduzierung des Schuldenstands, dieser beträgt 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, auf staatseigene Immobilien zurückgreifen. Sprich: diese zum Verkauf ausschreiben. Eine Idee, die vor allem Wirtschaftsminister Giulio Tremonti gefällt. Er würde gerne auch die staatseigenen Ländereien verkaufen, um die 1.900 Milliarden Haushaltsschulden zu senken. Zwischen 700 und 900 Milliarden Euro könnte der staatliche Grundbesitz einbringen. Aber das sind nur Schätzungen. Denn genaue Zahlen kennt derzeit keiner.

Berlusconi "wie Schulbub behandelt"

Anders sieht es für Silvio Berlusconi aus, wenn es darum geht, einen Grund zu finden, warum er in Brüssel, wie ein Schulbub behandelt worden sei: "Sarkozy ist verstimmt. Er benimmt sich deshalb so, weil es tatsächlich große Verstimmungen wegen des Verbleibs von Bini Smaghi in der EZB gegeben hat. Ich trage daran keine Verantwortung. Ich hab ihm gesagt, was soll ich tun? Soll ich ihn umbringen? Ich glaube nicht."

Kampf an zwei Fronten

Zur Erinnerung: der Italiener Lorenzo Bini Smaghi hat nach der Ernennung seines Landsmannes Mario Draghi zum EZB-Chef seinen Platz im Führungsgremium der Bank nicht räumen wollen. Sein Weggehen war jedoch ein Unterpfand für die Unterstützung Frankreichs bei der Nominierung Draghis gewesen. Das Verbleiben von Bini Smaghi ging außerdem zu Lasten einer französischen Nominierung. Nun hat sich also ein Ungleichgewicht ergeben. Eines, das dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ganz und gar nicht gefiel. Und so wächst nun der Druck auf Bini Smaghi, dessen Amtszeit erst 2013 ausläuft. Berlusconi will, dass er geht. Denn sonst bleiben gleich zwei Fronten offen. Eine äußere mit Frankreich. Und eine innere mit der Lega Nord.