Invaliditätspension: Industrie gegen Firmenmalus

In der Diskussion um die Reform der Invaliditätspension stoßen die Vertreter von Arbeiterkammer und Gewerkschaft mit ihrer Forderung nach einem Malus für Firmen, die zu wenige Ältere beschäftigen, auf Widerstand: Der neue Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, lehnt derartige Strafzahlungen vehement ab. Statt dessen will er das System umstellen und niedrigere Einkommen für Ältere.

Mittagsjournal, 1.8.2012

Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, im Gespräch mit

Flachere Einkommenskurve

Kapsch weist die Forderung von AK und ÖGB nach Strafzahlungen für Firmen, die zu wenige ältere Arbeitnehmer beschäftigen, entschieden zurück. Statt dessen fordert er eine Änderung des Systems und eine "sukzessive Verflachung" der Einkommenskurve. Jüngere sollten mehr verdienen, Ältere etwas weniger. Das könne man nicht innerhalb von fünf Jahren umstellen, aber "irgendwann muss man damit beginnen."

Reichenbeitrag: Über Zweck entscheiden

Bei der Budgetsanierung ist Kapsch gegen steuerseitige Maßnahmen und spricht sich für Sparen bei den Ausgaben aus, etwa bei der öffentlichen Verwaltung und im Pensionssystem durch längeres Arbeiten sowie im Gesundheitssystem. Auf die Frage, ob Reiche einen zusätzlichen Beitrag leisten sollen, erklärt sich Kapsch selbst dazu bereit. Das Geld müsse aber für Zukunftsmaßnahmen wie etwa Bildung verwendet werden. "Man kann mir vorschreiben, du hast so und so viel abzugeben. Aber was damit passiert, das möchte ich selbst entscheiden."

Sorge um Bildung und Standort

Langfristig sei zu befürchten, dass die Versäumnisse im Bildungsbereich dazu führen, dass Firmen aus Österreich abwandern, wenn nicht genügend qualifizierte Menschen zur Verfügung stehen. Dem drohenden Fachkräftemangel sei durch mehre Maßnahmen zu begegnen, so Kapsch: langfristig durch Ausbildung, dann durch Vereinbarkeit von Familie und Beruf, mehr Frauen ins Arbeitsleben integrieren, eine Verlängerung der Arbeitszeit "und natürlich Migration".

Liberal gegen rot-grün

Bei seiner Antrittspressekonferenz Ende Juni hat Kapsch angekündigt, aktiv in der Politik mitzumischen. Im Ö1 Interview bezeichnet er sich als Sozialliberaler, er gehöre keiner Partei an und habe zu keiner speziellen Partei Berührungsängste, lehne aber Nationalismen grundsätzlich ab. Zum Wirtschaftsklima unter einer schwarz-blauen Koalition will Kapsch nichts sagen, meint aber, dass es unter einer rot-grünen Regierung relativ schwierig wäre, Interessen der Industrie, "und damit auch der österreichischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen", durchzusetzen. Der Präsident der Interessensvertretung der heimischen Industrie würde sich aber nicht als Lobbyist bezeichnen. Er versuche Sachthemen durchzusetzen und den Standort zu vertreten. Ein Lobbyist hingegen arbeite grundsätzlich für seine eigenen Interessen, definiert Kapsch seine Auffassung.

Der 53-jährige Georg Kapsch ist Chef der Kapsch-Group - das einstige Familienunternehmen stellt mit 4.000 Mitarbeitern und weltweiten Niederlassungen unter anderem Mautsysteme für Lkws her.

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