Griechenland "großes Stück vorangekommen"
Christos Katsioulis, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Athen, weist die Ansicht zurück, dass Griechenland mit Reformen generell säumig sei. Katsioulis zeigt sich im Ö1 Interview auch zuversichtlich, dass das geplante Sparpaket als Voraussetzung für weitere Hilfsgelder eine Mehrheit im griechischen Parlament findet.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 5.11.2012
Der Politikwissenschaftler Christos Katsioulis im Gespräch mit Paul Schiefer
Mehrheit für Sparpaket
Katsoulis geht davon aus, dass das Parlament dem Sparpaket mit den Stimmen der Nea Demokratia und PASOK mehrheitlich zustimmen wird. Die besonders umstrittene Arbeitsmarktreform werde aber in der Substanz für das Land kaum etwas bringen, ist der Experte überzeugt. Es sei "merkwürdig", das die Troika aus EU, IWF und EZB auf diesem Punkt bestanden hatte, obwohl klar gewesen sei, dass dies den Zusammenhalt der Koalition stark gefährden würde. Dabei sei das Lohnniveau in Griechenland mittlerweile stark gesenkt und für Investoren, wie auch die Frage der Flexibilität, überhaupt kein Problem mehr.
Strukturreformen brauchen Zeit
Dass Griechenland bei den Reformen nichts weiterbringt, will Katsoulis so nicht gelten lassen. Bei den Staatsausgaben seien entscheidende Schritte passiert, im Budget gebe es bereits ein Plus, wenn man von den Zinszahlungen absehe. Griechenland gebe weniger aus und nehme auch mehr Steuern ein. Der Experte räumt aber ein, dass Strukturreformen wie die des Steuersystems noch nicht vorangekommen seien. Das brauche aber auch mehr Zeit als ein paar Monate, so Katsoulis. Aber Steuerhinterziehung werde deutlich schärfer angegangen als noch vor Jahren. Das griechische Steuerrecht sei aber äußerst kompliziert und habe zahlreiche Schlupflöcher.
Mehr Zeit benötigten auch die Reformen von Gesundheits- und Bildungswesen, betont der Experte. Bisher seit Griechenland seit 2010 mit Krisenbewältigung und Löcherstopfen beschäftigt gewesen. Da zugleich auch große Reformen zu machen, sei ein Ding der Unmöglichkeit, das gelte für andere Staaten genauso.