Kroatien "nicht perfekt, aber EU-reif"

Am 1. Juli wird Kroatien als 28. Mitglied der Europäischen Union beitreten. Trotz Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit ist für Kroatiens Präsident Ivo Josipovic sein Land reif für die Union. Man müsse einfach sehen, welche riesige Reformschritte das Land in den letzten Jahren unternommen hat. Kroatien sei nicht perfekt, aber auf gutem Weg, sagt Ivo Josipovic im Ö1 Interview.

Ivo Josipovic

Kroatiens Präsident Ivo Josipovic

(c) GRANT, EPA

Mittagsjournal, 4.6.2013

"Wir sind bereit"

Für ihn persönlich werde der 1. Juli ein wichtiger Festtag, sagt Kroatiens Präsident Ivo Josipovic: nicht nur, weil er sein Wahlversprechen, die Kroaten in die EU zu führen, erfüllen könne. Er habe immer von einem geeinten Europa mit Kroatien mitten drin geträumt. Der 1. Juli mache ihn als Politiker und Bürger seines Landes "einfach glücklich".

Natürlich wisse er, dass Kroatien derzeit vielleicht nicht so attraktiv erscheint: Wirtschaftskrise und hohe Arbeitslosigkeit sind Realität, wie auch in anderen EU-Staaten. Er sei überzeugt, dass Kroatien trotzdem EU-reif sei. Man müsse einfach sehen, was Kroatien in den letzten Jahren geschafft habe: Nach einem Krieg, der noch nicht so lange zurückliegt, habe sich das Land zu einer funktionierenden Demokratie entwickelt: "Wir sind bereit, auch wenn wir nicht perfekt sind. Wir sind nicht das stärkste Land in Europa, wir sind klein, aber wir wissen um unsere Stärken und Schwächen - das ist wichtig. Und wir werden unsere Reformen vorantreiben auch nach dem Beitritt."

Kampf gegen Korruption

Neben Wirtschaftsreformen habe für ihn der Kampf gegen die Korruption höchste Priorität. Allen in der Regierung sei bewusst, dass hier wirklich durchgegriffen werden muss, betont Josipovic: "Der Kampf gegen Korruption ist wichtig, wir haben Korruption wie auch andere Staaten, aber unsere Gesellschaft ist jetzt sensibel dafür geworden. Wir Politiker können das nicht zurückdrehen. Korruption ist einfach inakzeptabel geworden und wird ausnahmslos verfolgt, wie Sie an Gerichtsverfahren bei uns sehen können." Konkret geht es dabei um die Verurteilung des ehemaligen kroatischen Premierministers Ivo Sanader wegen Korruption.

Der Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union ist für den kroatischen Präsidenten nicht der Endpunkt auf dem Weg nach Europa, der Beitritt zum Schengenraum ist das nächste Ziel. Doch zu schnell soll dies nicht geschehen, schließlich möchte man nicht einen zu großen Wall gegenüber den Nachbarn im Osten aufziehen. Josipovic: "Wir planen die Schengen-Auflagen in etwa zwei Jahren zu erfüllen, aber es gibt keine Deadline dafür. Wir müssen noch verhandeln, wir wollen ja keine chinesische Mauer zwischen Kroatien und Bosnien bauen. Da ist es besser etwas länger zu verhandeln, um den Übergang sanfter zu machen."

Für Türkei-Beitritt

Überhaupt ist Kroatien daran stark interessiert, dass auch die Nachbarstaaten im Osten über kurz oder lang der EU beitreten. Kroatien versteht sich für Länder wie Bosnien oder Serbien als Fenster zur europäischen Union, sagt Josipovic. Wir stehen einer EU-Erweiterung positiv gegenüber. Ob er sich auch eine Türkei in der Europäischen Union vorstellen könne? Josipovic: " Im Prinzip ja, warum nicht - die Türkei ist ein starke Wirtschaft. Es ist eine strategische Entscheidung der EU, ob man die Türkei lieber auf europäischen Seite haben will oder irgendwo im Osten. Ich persönlich bevorzuge die Türkei im Club drinnen."

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