Davos: Überwachung bis ins Wohnzimmer

Big Brother is watching you - aber nicht nur Regierungen wie die USA mit ihrer NSA, sondern Firmen loten unsere Interessen und Aktivitäten übers Internet aus und machen damit Geschäfte. Der Nutzer lädt diese Spione oft auch ein, sich am gläsernen Bürger zu bedienen. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos geht eine Diskussionsrunde der Frage nach, wie weit es mit dem Datensammeln schon gekommen ist und wie den Regierungen und den Firmen Zügel angelegt werden können.

Mittagsjournal, 22.1.2014

Aus Davos,

Wir bezahlen mit unseren Daten

Big Brother ist heute überall, im Internet, in unseren Smartphones, in den Apps, mit denen wir jederzeit alles über uns preis geben, sagt Professor Jonathan Zittrain von der Harvard Universität: Mein Amazon Kindle weiß natürlich genau, bis zu welcher Seite ich gelesen habe, wenn ich auch noch so eine Sport- oder Gesundheits-App habe, die meine Körperfunktionen kontrolliert, wissen sie, welche Stelle mich aufgeregt hat oder bei welcher Schilderung ich eingeschlafen bin.

Bei Gratisdiensten wie Facebook wissen wir ja inzwischen: wenn es gratis ist, bin ich nicht der Kunde, sondern das Produkt. Daten des Kunden sind das Kapital eines Daten-Unternehmens, sagt die Datenberaterin Orit Gadiesh: Facebook ist nicht gratis, wir bezahlen mit unseren Daten. Wir akzeptieren das, indem wir auf das kleine Kästchen klicken und den Vertrag akzeptieren. Dieser Vertrag ist bei Facebook 27.000 Wörter lang, das ist mehr als Romeo und Julia.

Kaum jemand sorgt sich darum, welche Einblicke in sein Leben möglich sind, sagt Salil Shety, Generalsekretär von Amnesty international: Stellen wir es uns so vor: eine Videokamera wird im Haus installiert, und die Kameraleute sagen: wir filmen jetzt alles, aber wir schauen es eh nicht an. Wer würde da zustimmen? Aber online ist das kein Problem, die Öffentlichkeit regt sich nicht auf. Es betrifft jeden, aber wir regen uns erst auf, wenn es plötzlich gegen uns selbst geht und unsere Daten benützt werden.

Jeder wird überwacht

Die Daten sind also da. Und Staaten benützen sie auch. Die NSA und andere Organisationen haben früher die Herausgabe der Daten von Telefonanbietern und internetunternehmen verlangt, berichtet Brad smith von Microsoft aus seiner Erfahrung. Das ist jetzt nicht mehr nötig, die Daten werden durch große Computer einfach abgesaugt ohne dass die Firmen es merken. In westlichen Demokratien wird jetzt mehr und mehr versucht, Kontrollen durch Gerichte einzuführen. US-Senator Leahy setzt sich dafür ein: In den USA sammeln wir viel zu viel Information, es hat uns nicht sicherer gemacht. Warum wir jedes meiner Telefongespräche aufgezeichnet? Wenn jeder abgehört wird, haben wir gar nichts. Wir haben den Heuhaufen und nicht die Nadel.

Doch immer mehr wird auch der Heuhaufen interessant. BigData heißt das dann, aus großen Datenmengen lässt sich eine Menge über Gesundheitszustand oder Veränderungen in der Gesellschaft ablesen. Zum Segen der Wissenschaft oder zum Missbrauch durch Regierungen. Denn eines darf man nicht vergessen, sagt Salil Shetty von Amnesty international: die meisten Menschen leben nicht in den USA oder in Europa. In den meisten Ländern gibt es keinerlei Datenschutz oder Kontrolle durch die Justiz. Daten über die Bürger führen in den meisten Ländern direkt ins Gefängnis.

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