Krim-Tataren unter Druck

Der UNO-Sicherheitsrat befasst sich heute mit einem westlichen Resolutionsentwurf zu dem umstrittenen Referendum auf der Krim. In dem Entwurf wird die morgen stattfindende Abstimmung über einen Beitritt der Krim zu Russland als illegal verurteilt. Ein Beschluss dürfte am Veto Russlands scheitern. Mit besonderer Besorgnis erwartet die Volksgruppe der Krimtataren das Referendum.

Morgenjournal, 15.3.2014

Die Krim-Tataren stellen etwa 12 Prozent der Bevölkerung auf der Krim. Unter Stalin wurden sie nach Zentralasien deportiert, mehr als 100.000 kamen bei der Zwangsumsiedlung ums Leben. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion durften die Tartaren wieder zurück auf die Krim. Heute sind sie ukrainische Staatsbürger. Seit Beginn des russischen Militäraufmarsches haben viele Krimtataren, vor allem Frauen und Kinder, die Halbinsel verlassen. In Kiew bemühen sich Hilfs-Initiativen um sie.

Morgen findet auf der ukrainischen Halbinsel Krim das umstrittene, für die ukrainische Führung und den Westen illegale Referendum über die Eingliederung der Krim in Russland statt. Jene, die mit besonderem Bangen dieses Referendum erwarten, sind die Krimtataren. Sie stellen ca. 12 Prozent der Bevölkerung der Krim dar, sie leben dort seit Jahrhundert, die Krim ist das Zentrum ihrer Kultur. Unter Stalin wurden sie dann aber nach Zentralasien deportiert, mehr als 100.000 starben dabei.

Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion durften sie wieder zurück auf ihre angestammte Krim. Sie wollen auf keinen Fall wieder Teil Russlands werden, sondern bei der Ukraine bleiben. Angesichts der Soldaten auf den Straßen, der russischen allgegenwärtigen Bedrohung ist ihre Angst groß, dass sich die Geschichte wiederholt. In den letzten Tagen haben viele Krimtataren, vor allem Frauen und Kinder, die Krim verlassen. In Kiew bemühen sich jetzt Initiativen, den Tataren zumindest einmal vorübergehend zu helfen.

Kiew hilft

Mayre empfängt uns in einem kleinen Zimmer, am Stadtrand von Kiew. Es ist die Wohnung von Verwandten hier, wo sie vorerst unterkommen ist. Sie kommt aus Simferopol, wo sie als Restauratorin von historischen Kostümen arbeitet. Vor 2 Tagen hat sie die Krim verlassen: Wissen Sie, an der Oberfläche schaut es ganz normal aus derzeit auf der Krim, die Leute gehen spazieren, machen ihre Einkäufe. Aber für jene, die für die Ukraine sind, für uns Tataren dort ist der Druck, auch durch die Hetze in den russischen Medien, in den letzten Tagen nahezu unerträglich geworden.
Von direkten Übergriffen weiß sie persönlich nichts. Es gibt aber verbale Einschüchterungen: manche Russen auf der Straße werfen uns Tataren vor, Verräter zu sein, weil wir den Maidan und die Ukraine unterstützen.

Sie kann auch bestätigen, dass in manchen gemischten Wohngegenden, die Häuser der Tataren markiert wurden. Das weckt entsetzliche Ängste, die nur aus der Geschichte der Krimtataren zu verstehen ist: Unser Volk wurde schon einmal deportiert, 1944 unter Stalin, das ist nicht so lange her, meine Großeltern haben das alles erlebt, ich persönlich bin schon in Usbekistan geboren und aufgewachsen. Vor 20 Jahren durften wir endlich zurück auf die Krim. Und jetzt das - die Okkupation der Krim durch russische Soldaten. Wer weiß, was passieren wird. Ihre Verwandten auf der Krim haben jedenfalls die Koffer und Dokumente gepackt. Sie warten derzeit noch ab, sagt Mayre.

Das Schicksal der Krimtataren berührt viele in der Ukraine, überall entstehen Initiativen, wie man ihnen helfen könnte. Alim Aliejev hat mit einigen Freunden ganz spontan die Gruppe Krim SOS gegründet.