Roman Juli Zeh
Unterleuten
Menschlich und allzumenschlich geht es zu in Unterleuten, dem fiktiven Dorf in Brandenburg, in dem Juli Zeh ihren neuen Roman angesiedelt hat. Unterleuten ist ein Mikrokosmos, bevölkert von eigenwilligen Charakteren.
8. April 2017, 21:58
Luchterhand Verlag
Der reiche Großbauer Gombrowski hat nach der Wende die damalige Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft in eine GmbH umgewandelt, in der halb Unterleuten beschäftigt ist. Er ist der eigentliche Machthaber im Dorf. Sein Gegenspieler ist der alte Kron, ein verbitterter DDR-Nostalgiker, der überall eine Verschwörung wittert. Zu diesen Alteingesessenen kommen die Neuzugänge aus der Stadt: die pferdeverrückte Linda, die von einem Pferdehof für urlaubsreife Großstädter träumt, oder der verkrachte Uni-Dozent und Vogelschützer Gerhard, der sein Ideal vom naturverbundenen Leben verwirklichen will.
Doch dann bricht die Außenwelt ein: Ein Windpark soll in unmittelbarer Nähe des Dorfs entstehen, und während die einen auf satte Gewinne hoffen, fürchten andere die Zerstörung der Natur. All das erzählt Juli Zeh mit klarem Blick und in einer erfrischend unprätentiösen Prosa, in der es keinen Protagonisten gibt - vielmehr wird die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufgerollt.
Juli Zeh
Diese Tatsache, dass man immer wieder in eine Figur eintaucht, anfängt, sie zu verstehen (…), und dann wird man aber quasi rausgeschubst aus der Figur, kommt in jemanden anderen hinein, der dann über den ersten aber auch wieder Mutmaßungen anstellt. Dieses Aufbauen - auch von einer Gerüchteküche und von diesem Übereinander-denken und Übereinander-sprechen statt miteinander -, das hat für mich beim Schreiben sehr viel Spannung erzeugt.
"Unterleuten" ist ebenso spannend wie vielschichtig - ein kluger Roman, der seinen Anspruch mit einer wunderbaren Erzählfreude kombiniert und seine Botschaften erfreulich unaufdringlich verpackt.
Service
Juli Zeh, "Unterleuten", Roman, Luchterhand Verlag