Greenpeace hat Rotschlamm untersucht
Hohe Arsenwerte im Giftschlamm
Nach der Katastrophe mit giftigem Rotschlamm in Ungarn lässt jetzt die Umweltschutzorganisation Greenpeace aufhorchen: Der Schlamm enthalte hundert Prozent mehr giftiges Arsen und deutlich mehr Quecksilber als sonst üblich. Zudem wirft Greenpeace der ungarischen Regierung vor, den Unfall bewusst herunterzuspielen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 8.10.2010
Arsen schädigt Nervensystem
Greenpeace hat aus dem Schlamm am Tag nach der Katastrophe Proben gezogen, und sie vom österreichischen Umweltbundesamt untersuchen lassen. Das Ergebnis: Der Schlamm enthält mehr giftiges Arsen und Quecksilber als angenommen. Offenbar hat die verantwortliche Aluminiumfabrik eine Art Bauxit als Grundstoff verwendet, der mehr von diesen Stoffen enthält.
Eine unmittelbare Gefahr stellt der Schlamm für die Menschen, die mit den Aufräumarbeiten beschäftigt sind, nicht mehr dar. Jedoch belasten die giftigen Stoffe langfristig die Umwelt und gefährden damit die Gesundheit der Menschen, sagt der Chemiker Herwig Schuster von Greenpeace. Zum Beispiel kann sich Arsen sehr gut in Wasser lösen und so das Trinkwasser vergiften. Für den Menschen ist dieser Stoff extrem gefährlich, sagt Schuster: "Das Hauptproblem von Arsen ist, dass es das Nervensystem schädigen kann, das ist auch schon mit sehr kleinen Mengen möglich. Daher ist bei Arsen eine Nulltoleranz anzusetzen, das heißt Trinkwasser, das mit Arsen kontaminiert ist, darf von Menschen nicht konsumiert werden."
Quecksilber in der Nahrungskette
Auch das Quecksilber kann sich langfristig in der Nahrungskette anreichern und die Fische in den Flüssen belasten, die dann für den Menschen zur Gefahr werden. Deswegen müsse jetzt schnell gehandelt werden, sagt Herwig Schuster von Greenpeace: "Es muss sichergestellt werden, dass aus dem Damm kein weiterer Rotschlamm mehr entweichen kann, das ist dringend. Es gibt auch Informationen, dass ein weiteres Rotschlammbecken dieser Firma nicht mehr sehr stabil ist, das heißt, es sind ganz dringend Sicherungsmaßnahmen notwendig. Zudem muss verhindert werden, dass der Rotschlamm, der jetzt dort in diesen Dörfern und Feldern ist, in die Flüsse gelangen kann. Hier sind Dämme hilfreich, damit der Schlamm zumindest dort bleibt, wo er jetzt ist."
Greenpeace: "Regierung will Unfall kleinspielen"
Greenpeace wirft der Regierung vor, die betroffene Bevölkerung und die Öffentlichkeit nicht voll darüber zu informieren, wie gefährlich der Rotschlamm tatsächlich ist: "Wir sind uns ziemlich sicher, dass die ungarischen Behörden und die Politik diese Daten haben. Wir befürchten, dass die Regierung den Unfall kleinspielen will. Wir fordern, dass sofort alle Informationen zur Verfügung gestellt werden, weil es wirklich nicht sein kann, dass die Opfer vor Ort nicht wissen, mit welchen Stoffen sie es zu tun haben und welche Probleme auf sie zukommen."
Weltweit hunderte ähnliche Giftschlammbecken
Ähnliche Rotschlammbecken wie in Ungarn gibt es in Österreich nicht. Allerdings gibt es weltweit hunderte Becken dieser Art, sagt Herwig Schuster. Denn das sei die übliche Methode, um die giftigen Abfallprodukte der Aluminium-Produktion endzulagern. "Grundsätzlich ist jedes dieser Becken ein möglicher Unfallort. Das Risiko ist natürlich unterschiedlich, aber es ist so wie mit Atomkraftwerken, auch da gibt es sicherere und unsicherere. Aber ein sicheres Rotschlammbecken gibt es genauso wenig wie ein sicheres Atomkraftwerk", sagt Schuster.
Für jede Tonne Aluminium fallen eineinhalb Tonnen giftiger Rotschlamm an. Das Problem lässt sich laut Greenpeace nur auf eine Art lösen: weniger Aluminium verbrauchen, beziehungsweise Aluminium besser recyclen.