Präsident kommt nicht aus den Schlagzeilen
Vorwürfe ohne Ende gegen Wulff
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue Einzelheiten bekannt werden, die den deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff immer mehr in Bedrängnis bringen. Nach den Hausdurchsuchungen bei Wulffs ehemaligem Sprecher und dem Vorwurf der Korruption gegen diesen scheint es nun auch Verwicklungen der niedersächsischen Staatskanzlei unter dem damaligen Ministerpräsidenten Wulff zu geben.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.1.2012
Lügen vorm Landtag
Man erinnere sich an die Worte des Bundespräsidenten Christian Wulff kurz vor Weihnachten: "Es sehe ein: Nicht alles, was juristisch rechtens ist, ist auch richtig." Und es sind immer mehr - sagen wir - nicht so ganz richtige Dinge, die an die Öffentlichkeit kommen. Die neuen Vorwürfe richten sich gegen die niedersächsische Landesregierung zu der Zeit als der Ministerpräsident noch Christian Wulff hieß. Nach Informationen der hannoverschen Allgemeinen Zeitung soll im Jahr 2010 der damalige Staatskanzleichef den Landtag belogen haben, als er eine Mitfinanzierung der Veranstaltung Nord-Süd-Dialog bestritt. Heute kommt heraus: Das Landwirtschaftsministerium hat mehr als 3.400 Bücher als Gastgeschenke für die Besucher zur Verfügung gestellt.
Vertrauter Wulffs im Visier
Wegen genau dieser Veranstaltung, also dem Nord-Süd-Dialog - steht auch der enge Vertraute Wullfs, Olaf Glaeseker, im Visier der Ermittler. Glaeseker war kurz vor Weihnachten vom Bundespräsidenten ohne Angabe von Gründen entlassen worden. Die Vorwürfe jetzt: Glaeseker soll für die Veranstaltung Servicekräfte der medizinischen Hochschule Hannover (MHH) - einem Landeseigenen Betrieb angefordert haben. Stefan Zorn, Sprecher der MHH, sagt nun, man sei damals ersucht worden, keine Rechnung zu stellen.
Mehrere Durchsuchungen
Organisator des Nord-Süd-Dialogs war aber nicht das Land, sondern der Veranstaltungsunternehmer Manfred Schmidt. Im Gegenzug hat Olaf Glaeseker nicht nur gratis Urlaubsaufenthalte, sondern auch Freiflüge erhalten, wie aus einer Vorausmeldung der Bild am Sonntag hervorgeht - und zwar auch im vergangenen Jahr, als Glaeseker bereits im Bundespräsidialamt für Christian Wulff tätig war. Nun wird wegen Korruption ermittelt. Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann ( CDU): Der Anfangsverdacht sei begründet und hab zu einem Durchsuchungsbeschluss geführt. Mehrere Standorte wurden durchsucht.
Rufe nach Aufklärung und Rücktritt
Die Opposition spricht inzwischen von einem "System Wulff": Der Sprecher habe wohl - wie sein Chef auch - gratis Urlaube machen wollen, beide hätten jedes Gefühl dafür verloren, was erlaubt sei, so SPD-fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Doch viele fragen sich, wie die Causa Wulff mit all ihren Verstrickungen aufgeklärt werden kann. Einen Untersuchungsausschuss im niedersächsischen Landtag etwa lehnt die SPD vorerst ab, so lange die staatsanwaltlichen Ermittlungen laufen, so Heine Bartling. Die Grünen im niedersächsichen Landtag befürworten einen Untersuchungsausschuss und fordern den Rücktritt des Bundespräsidenten. Der aber schweigt weiterhin.