Koalition einig

Deutsche steigen aus Atomkraft aus

In Berlin sind die Weichen für den Ausstieg des Landes aus der Nutzung der Atomenergie gestellt worden. Die Regierungsparteien sind übereingekommen, dass spätestens Ende des Jahres 2022 kein deutsches Atomkraftwerk mehr in Betrieb sein soll.

Deutschland zieht damit sehr umfassende Konsequenzen aus der Reaktorkatastrophe von Fukushima und setzt wieder auf einen zügigen Ausstieg aus der Atomenergie, etwas, was Angela Merkels Regierung zuvor eigentlich durch Verlängerung der Atomkraftwerks-Laufzeiten zu verzögern suchte.

Mittagsjournal, 30.05.2011

Über Nacht klüger

Über Angela Merkels Schreibtisch im Berliner Bundeskanzleramt hängt ein Portrait des vielleicht legendärsten ihrer Vorgänger, Konrad Adenauer, der einmal gesagt hat, niemand könne ihn daran hindern, über Nacht klüger zu werden. Es waren die vielen Nächte der Besorgnis um die Lage im japanischen Atomkraftwerk Fukushima, die in Deutschland einen Umdenkprozess in Gang gesetzt haben, mit dem viele in Angela Merkels CDU ihre Probleme hatten. Die Kanzlerin hatte selbst vor der letzten Wahl und bis in den letzten Herbst hinein dafür gekämpft, Deutschlands Atomkraftwerke länger laufen zu lassen als geplant, aber nach Fukushima läutete sie eine sehr rasche Wende im Geiste Adenauers ein, und die vielen Atomkraftbefürworter in ihrer Partei müssen sich jetzt damit abfinden, dass etwas anderes als das bisher Geglaubte quasi über Nacht als klüger gilt.

Ausstieg jetzt doch

Konkret sind die Koalitionsparteien letzte Nacht übereingekommen, dass spätestens im Jahr 2022 das letzte deutsche Atomkraftwerk schließen soll. Vielleicht wird es sogar schon ein Jahr früher so weit sein, darüber soll aber erst später entscheiden werden. Die sieben Atomkraftwerke älterer Bauart, die nach der Fukushima- Katastrophe stillgelegt wurden, und das vorher schon im Stillstand geparkte Werk Krümmel bleiben abgeschaltet. Zu dieser Gruppe gehört auch das Kraftwerk Isar 1 in Grenznähe zu Österreich. Damit würden noch neun laufende Atomkraftwerke verbleiben, sechs von ihnen sollen jedenfalls bis 2021 ausrangiert werden, drei weitere dann spätestens ein Jahr danach, und damit wäre Deutschland dann in spätestens elf Jahre atomkraftfrei- aber keineswegs sorgenfrei. Es wird einer nationalen Kraftanstrengung bedürfen, um diesen Ausstieg verträglich abzufedern, das stellt auch der frühere Umweltminister Klaus Töpfer klar, der mit einer Ethikkommission den Ausstiegsprozess begleitet.

Wende zu erneuerbarer Energie

Es liegt den Empfehlungen keine echte Gebrauchsanweisung bei, Umweltminister Norbert Röttgen meint aber, die Energiewende wäre zu schaffen, indem der Anteil erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2020 auf 35 Prozent steigen könnte, derzeit sind es 17 Prozent.

Zustimmung der Opposition

Vorsichtige Zustimmungssignale kommen von den Oppositionsparteien SPD und Grüne. Kein Wunder, denn das, was jetzt beschlossen wurde, erinnert frappierend an den Ausstiegsbeschluss, der schon einmal Gesetz war, unter der rot- grünen Vorgängerregierung. Das war allerdings lange vor Fukushima und der darauf folgenden Wende, die jetzt auch in Deutschlands schwarz- gelber Regierung, ganz im Sinne Konrad Adenauers, als der Klugheit letzter Schluss zu gelten hat.