Wirbel um beschlagnahmte Unterlagen

Causa BUWOG-Liechtenstein: Anwalt dementiert

Die Affäre um entwendete Akten zur Causa BUWOG sorgt weiter für Wirbel. Der Anwalt eines Geschäftspartners von Ex-Finanzminister Grasser soll beschlagnahmte Unterlagen aus dem Liechtensteiner Landgericht unerlaubt an sich genommen und erst Wochen später zurückgegeben haben. Der Anwalt Grassers weist jetzt Zusammenhänge mit dem Aktendiebstahl zurück.

Mittagsjournal, 21.12.2011

Die Liechtensteiner Aktenklau-Affäre im BUWOG-Verfahren sorgt im Fürstentum für große Aufregung. Die Regierung in Liechtenstein verspricht restlose Aufklärung des Falles. Wie berichtet haben Recherchen von Ö1, Süddeutscher Zeitung und NEWS ergeben, dass der Liechtensteiner Anwalt eines Geschäftspartners von Ex-Finanzminister Grasser unerlaubt beschlagnahmte Unterlagen zur BUWOG-Affäre aus dem Fürstlichen Landesgericht mitgenommen hat. Die Akten wurden erst Wochen später an das Gericht zurück gegeben. Nun steht Fälschungsverdacht im Raum. Die Staatsanwaltschaft in Liechtenstein hat Ermittlungen gegen den Anwalt eingeleitet. Der betroffene Anwalt war auch in Grassers Stiftungen aktiv, bestätigt sein Anwalt und weist Zusammenhänge mit dem Aktendiebstahl zurück.

Keine Überwachung in Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein hat gerade mal 36.000 Einwohner. Da kennt man sich, da vertraut man sich. Während in Österreich bei der Einsichtnahme in Gerichtsakten immer ein Gerichtsbediensteter aufpasst, dass nichts verschwindet, ist man in Liechtenstein vertrauensvoll. Hier sitzt der Anwalt alleine in einem Kämmerchen, sichtet das Material und ordert Kopien bei einer Sekretärin. Überwacht wird das nicht. So auch am 19. Oktober. Der Anwalt einer renommierten Liechtensteiner Kanzlei nimmt Einsicht in Akten die monatelang versiegelt bei Gericht gelegen sind. Sie stammen aus einer Hausdurchsuchung im April.

Durchgeführt wurde sie bei einem Wirtschaftstreuhänder und Ex-Manager der Meinl European Land. Gegen ihn wird in der Meinl Affäre ermittelt. In der BUWOG-Causa wird er nicht als Beschuldigter geführt. Allerdings interessiert sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien für seine Geschäftsverbindungen zu Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

Denn der Mann könnte eine Rolle bei den Finanztransaktionen von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser in Liechtenstein und der Schweiz spielen. Über die Züricher Ferint AG steht der Manager mit Grasser und dessen Schwiegermutter, Marina Giori Lohta in Geschäftsverbindungen. Über ein Konto der Ferint bei der Meinl Bank, hat Grasser noch zu seiner Zeit als Finanzminister 500.000 Euro in den Kauf von Thilo Berlins Genussscheinen der Kärntner Hypo-Bank investiert. Angeblich als Treugeber für seine Schwiegermutter, Marina Giori Lhota.

Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt

Die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft will das nicht so recht glauben. Sie hegt den Verdacht, dass Grasser das lukrative Geschäft mit den Berlin-Genussscheinen auf eigene Rechnung gemacht hat. Gewinn: über 280.000 Euro. Die Korruptionsermittler sind an den Geldflüssen und möglichen wirtschaftlich Berechtigten im Hintergrund des Investments höchst interessiert. Sie wollen wissen ob das Geld für die Genussscheine möglicherweise aus Walter Meischbergers Provision bei der BUWOG-Privatisierung stammen könnte.

Unrechtmäßige Hausdurchsuchung

Zurück zur Hausdurchsuchung: Der ehemalige Meinl European Land-Manager und sein Anwalt fechten diese Hausdurchsuchung durch alle Gerichtsinstanzen in Liechtenstein an.

Am 7. Oktober entscheidet, der Oberste Gerichtshof in Liechtenstein, dass die Hausdurchsuchung nicht rechtmäßig war. Denn das Rechtshilfeersuchen aus Österreich, war ein paar Tage vor der Hausdurchsuchung abgelaufen. Doch die Heimische Justiz hat Einspruch erhoben. Die Unterlagen blieben also im Gericht.

Ermittlungen zu Aktenmitnahme

Jetzt kommt der Anwalt des Meinl European Land Managers ins Spiel: Er erhält nun Akteneinsicht und nimmt dabei Aktenteile mit. Bei Landgericht in Liechtenstein fällt das sofort auf. Die Staatsanwaltschaft in Liechtenstein nimmt umgehend Ermittlungen auf. Zwei Hausdurchsuchungen werden durchgeführt, ohne Ergebnis, heißt es bei der Staatsanwaltschaft Wien. Erst sechs Wochen später werden die Akten an das Gericht zurückgegeben. In Liechtenstein kursieren nun Gerüchte, dass handschriftliche Notizen auf den entwendeten Unterlagen nicht mehr vorhanden sein sollen.

Politisch heikel

Der Aktenklau hat auch eine für Liechtenstein heikle politische Tangente. Denn der Anwalt ist Politiker der Fortschrittlichen Bürgerpartei. Die Kanzlei für die er tätig ist, ist eine der einflussreichsten Kanzleien in Vaduz. Der Kanzleigründer, laut Süddeutscher Zeitung, früher ein Spitzenpolitiker der Fortschrittlichen Bürgerpartei, der auch die amtierende Justizministerin Aurelia Frick angehört. Die Kanzlei vertritt auch Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Laut dem Anwalt von Ex-Finanzminister Grasser, Manfred Ainedter, ist der Anwalt der für den Aktendiebstahl verantwortlich ist, Stiftungsvorstand in den Liechtensteinstiftungen von Grasser. Gemeinsam mit einem weiteren Anwalt der renommierten Vaduzer Kanzlei. Die Anwälte wurden ihm von seinem Steuerberater von Deloitte empfohlen, sagt Ainedter. Mit den entwendeten Aktenteilen will man hingegen überhaupt nichts zu tun haben. In dieser Sache hat der Anwalt einen anderen Klienten vertreten, sagt Ainedter, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Die Vaduzer Anwaltskanzlei ist übrigens auch Gründer einer Bank mit Sitz in Liechtenstein und der Schweiz. Hier soll eine Grasserstiftung Konten besitzen. Diese Bank stellte übrigens auch die 100 Millionen Euro Kaution für Julius Meinl. Bei der Rechtsanwaltskanzlei will man laufende Verfahren keine Auskunft geben und verweist auf die Verschwiegenheitspflicht.

Liechtenstein beruft Sondersitzung

In Liechtenstein sorgt die Affäre um die entwendeten BUWOG-Akten für großes Aufsehen. Die Liechtensteiner Regierung hat für Donnerstag eine Sondersitzung zu dem Fall einberufen und fordert eine lückenlose Aufklärung des Falles.

Abendjournal, 21.12.2011