Tea Party: Blockieren bis zum Bankrott

Seit einer Woche steht der US-Verwaltungsapparat still und die Weltmacht USA sind de facto handlungsunfähig. Grund dafür ist der Streit zwischen Republikanern und Demokraten um die umstrittene Gesundheitsreform – vor allem die Tea-Party, der besonders rechtskonservative Flügel der Republikaner blockiert die Abstimmungen.

Mittagsjournal, 8.10.2013

Aus Washington berichtet

Filibustern gegen Obamacare

21 Stunden lang hat er im US-Senat gegen "Obamacare" gewettert – seitdem ist Ted Cruz das neue Gesicht des republikanischen Widerstands. Der 42jährige Senator aus Texas ist erst seit wenigen Monaten in Washington, aber seine wütenden Angriffe auf Barack Obama haben ihn schon jetzt zum Frontmann der radikal-konservativen Tea-Party gemacht. Deren erklärtes Ziel: Obamas Gesundheitsreform zu verhindern – koste es was es wolle: "Im ganzen Land leiden Amerikaner unter Obamacare. Obamacare funktioniert nicht. Und trotzdem gibt es hier Politiker, die nicht auf die Menschen hören wollen. Ich gebe diesen Menschen eine Stimme. Und ich werde so lange gegen Obamacare sprechen, bis ich nicht mehr stehen kann."

Gespaltete Republikaner

Für viele sind Ted Cruz und seine ultra-konservativen Tea-Party-Kollegen die Hauptschuldigen der Regierungskrise. Denn der Plan, die Finanzierung der Gesundheitsreform an die Einigung über das US-Budget zu knüpfen, entstammt ihren Köpfen. So wollen sie die amerikanische Bevölkerung vor ihrem erklärten Grundübel retten: dem Einfluss des Staates. Weniger "Big Government" heißt die Devise der Tea Party, weniger Regulierung, weniger Steuern. Doch sprechen sie für die gesamte Republikanische Partei? Nein, sagt der Politologe William Galston vom Brookings Think Tank in Washington DC: "Es gibt einen tiefen Spalt innerhalb der Republikanischen Partei, zwischen den alteingesessenen, wirtschaftsliberalen Republikanern und der Tea Party. Deren Mitglieder sind sehr konservativ, sie kommen meist aus kleinen Städten vom Land, und sind so radikal, dass zunehmend auch die Republikaner selbst nervös werden."

Bis zum Bankrott

Gegründet nach der Finanzkrise 2009 aus Protest gegen die milliardenschweren Bankenrettungen, ist die Tea-Party mittlerweile fester Bestandteil des US-Parlaments. Finanziert durch reiche konservative Unternehmer scheint sie in vielen Teilen des Landes genau den Nerv der Zeit zu treffen. Bereits jeder fünfte republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus entstammt der Bewegung. Den Grund dafür sieht Galston auch im politischen-System: "Wir haben keine parlamentarisches Regierungsform, und die Abgeordneten im Kongress werden nicht durch Parteilisten gewählt, sie werden individuell in ihren Wahlbezirken oder in ihren Heimatstaaten gewählt und oft privat gesponsert. Das macht sie unabhängig."

Und es entzieht sie zunehmend dem Einfluss der Parteichefs in Washington. Genau das könnte das vermeintlich mächtigste Land der Welt bald in noch ärgere Bedrängnis bringen. Denn können sich Demokraten und Republikaner bis zum 17. Oktober nicht darauf einigen, die Schuldenobergrenze zu erhöhen, dann droht den USA der Bankrott.

Revolte gegen die Revolte?

Moderate Republikaner, darunter auch der Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, sind ratlos, denn die Tea-Party hält an der Abschaffung von Obamacare fest. Er sei ausschließlich seinen Wählern verpflichtet, sagt Senator Rand Paul aus Kentucky: "70 Prozent der Leute in Kentucky wollen Obamacare nicht haben. Es ist meine Pflicht, für diese Menschen zu kämpfen, und für sie zu versuchen, diese Gesetze abzuwehren oder zu verbessern." Nicht nur die Demokraten, auch viele Republikanern verlieren nun langsam die Geduld, sagt der Politologe William Galston. Es gibt Zeichen dafür, dass die Mehrheit der Republikaner immer wütender darüber wird, dass die Tea Party, die eigentlich eine Minderheit darstellt, den Kurs der Partei festlegt. Es könnte also zu einer Gegenbewegung kommen.

Eine Revolte gegen die Revolte also - das soll den Bankrott verhindern. Aber die Zeit wird langsam knapp.