China und die Nachbarn: Gestörte Beziehung

In Ostasien wächst die Sorge über die immer aggressivere Rhetorik Chinas gegenüber seinen Nachbarn. Peking beansprucht fast das gesamte süd-chinesische Meer und streitet mit Vietnam, den Philippinen und Japan um mehrere Inselgruppen. Wohl auch um internationaler Kritik entgegenzutreten gibt sich Chinas Präsident Xi Jinping öffentlich sanft.

In einer seltenen Grundsatzrede zur chinesischen Außenpolitik sagte Xi am Wochenende, China wolle andere Länder nicht dominieren, verfolge einen friedlichen Aufstieg und werde nie eine tyrannische Großmacht sein. Chinas Präsident spart auch nicht mit Kritik an den USA ohne sie beim Namen zu nennen.

Mittagsjournal, 30.6.2014

Aus Peking,

Der Festakt in der großen Halle des Volkes in Peking soll offiziell den 60. Jahrestag der fünf Prinzipien der Friedlichen Koexistenz feiern. Hinter dem sperrigen Begriff steht ein außenpolitisches Konzept, das China mit Indien und Myanmar zu Beginn der 50er Jahre zum Dogma erhoben hat. Im Kern geht es um Respekt vor der Souveränität des Nachbarn und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Ein Festakt, den Präsident Xi nutzt, um China als wohlwollende nächste Supermacht zur porträtieren. Chinas Staatsfernsehen überträgt die Rede live. Auch ausländische Journalisten sind eingeladen was bei den ohnehin seltenen Reden des Präsidenten noch seltener vorkommt.

„China akzeptiert die Logik nicht, dass ein Land automatisch zu einer tyrannischen Macht wird, die andere dominiert, wenn es selbst aufsteigt und stärker wird. Militarismus und willkürliche Macht finden sich nicht in der chinesischen DNA. China verfolgt eine friedliche Entwicklung, weil dies gut für China selbst, für Asien und die ganze Welt ist.“

Die Nachbarn haben jüngst andere Erfahrungen gemacht. Vor der Küste Vietnams bohrt China in umstrittenen Gewässern nach Öl und lässt vietnamesische Schiffe regelmäßig rammen. Auf einem Atoll, das auch von den Philippinen beansprucht wird, baut China offenbar eine militärische Landebahn. Im ost-chinesischen Meer sorgt die von China ausgerufene Flugraumüberwachungszone für Dauerstreit mit Japan. Chinas Diplomaten sind oft rüde und aggressiv beschweren sich die Nachbarn.

„Wichtig ist der Respekt vor den Kerninteressen der einzelnen Länder“ sagt Xi Jinping. Die territoriale Integrität dürfe niemals missachtet oder unterminiert werden. Mit anderen Worten: geht es um Chinas Kerninteressen – etwa im Streit um Territorium mit den Nachbarn – dann sollen die anderen stillhalten. Dass es ziemlich nebulöse historische Argumente sind, mit denen China 80% des südchinesischen Meeres für sich beansprucht, das will die offizielle Diplomatie in Peking nicht hören. Ebenso wenig Kritik an der massiven Aufrüstung des chinesischen Militärs.

Präsident Xi kritisiert stattdessen die Dominanz der USA ohne sie direkt beim Namen zu nennen. China reibt sich an der militärischen Vormachtstellung der Amerikaner in Ostasien und deren jüngsten diplomatischen Initiativen. Etwa der Vertiefung bestehender Bündnisse mit Japan und den Philippinen. Oder auch der Annäherung an den früheren Kriegsgegner Vietnam. Eines scheinen Pekings Außenpolitiker noch immer nur schwer zu verstehen: das eigene Poltern treibt die Nachbarn geradewegs in die Arme der USA.