Eier wurden nach einer Kontrolle abgenommen

Helga Wöber

Wir sind dann einmal von Langenlois mit einem Transportunternehmen, Kargl hieß das, nach Wien gefahren und meine väterliche Großmutter in Langenlois hat meiner Mutter Eier mitgegeben. Und meine Mutter hatte diese Eier mit und die wurden bei einer Kontrolle von Russen gefunden. Und dann haben sie meine Mutter mitgenommen. Wir Kinder sind auf dem Lastwagen gesessen und haben uns natürlich gefürchtet, weil die Mutter weg war. Und meine Mutter hat dann erzählt, die Russen wollten sie nicht loslassen und wollten noch etwas von ihr wissen. Und sie gesagt, als Zeugin, sie kann sagen, dass sie uns Kinder befragen sollen. Und das war dann auch so wir durften mit Mutter ohne Eier nach Wien fahren. Und meine mütterliche Großmutter in Liesing: Da waren in dem Haus russische Offiziere einquartiert und da haben wir, da muss ich schon so sieben, acht gewesen sein habe, kann ich mich erinnern, dass Zimmer voller Wanzen waren und die wurden ganz einfach mit DDT beseitigt.

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Versorgung Niederösterreich 26. Juni 2025

Kauf dir ein Schaf und schlaf!

Michael Romirer

Das hat auch der Vater ganz zum Schluss erzählt, das ist so gegangen im Volksmund: „Kauf dir ein Schaf und schlaf!“ Die Bauern haben müssen bestimmte Kontingente von ihrem Stierbestand zwangsabliefern. Also wenn man mehrere Ochsen gehabt hat, das ist pro Betriebsgröße vorgeschrieben gewesen, bei uns ist ja Rindergegend, ja, und der Schafe gehabt hat, ist davon ausgenommen gewesen. Da hat man halt nicht direkt formuliert, sondern einfach gesagt: „Kauf dir ein Schaf und schlaf!“ Ja, das hab ich sehr oft gehört immer wieder.

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Versorgung Steiermark 25. Juni 2025

Männerknappheit, starke Mütter und Wärmestuben

Martha Hansl, Jg. 1944

Die letzten Heimkehrer sind erst 1955 aus den Kriegsgefangenenlagern nach Hause gekommen. Bis dahin war ja die Männerknappheit in Wien sehr, sehr groß. Und in meiner Klasse waren 50 % der Kinder ohne Vater. Zum Teil wusste man, er ist im Krieg gefallen. Oder man wusste nicht, kehrt er irgendwann einmal heim. Zu Weihnachten: Es gab nichts zum Schenken. Da hat man eine Kleinigkeit bekommen, nach heutiger Sicht nicht einmal der Rede wert. Man hat sich über selbstgestrickte Fäustlinge oder Socken oder Schals gefreut. Der Großteil dieser vaterlosen Kinder hat auf die Frage, was sie sich wünschen, gesagt, na ja, vielleicht dass der Papa nach Hause kommt, weil die Mama ist ja so allein. Also das hat mich damals als Kind so berührt, weil ich hatte das Glück, einen sehr alten Vater zu haben, der nicht mehr eingezogen wurde in den Krieg. Und da muss ich aber anhängen, dass diese Mütter, diese Frauen ja alleine waren. Und das waren für meine Begriffe, für mein Empfinden, das waren wahre, eman...

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Versorgung Wien 25. Juni 2025

Mein fremder strenger Vater

Ilse Urbanek, Jg. 1935

Mein Vater war im Krieg. Er ist 1946 zurückgekommen. Er war für mich ein völlig fremder Mensch. Dazu muss ich sagen, dass mein Vater ein Förster hätte werden wollen. Er war viel im Wald und hat die Tiere im Wald gefüttert. Es gibt ein Foto, wo er mich am Arm hält. Dann war er völlig fremd für mich. Ja, das war ziemlich schwierig, vor allem für meinen Bruder noch viel mehr als für mich. Der ist geboren worden, da war der Vati nicht mehr da, und der ist zurückgekommen, da war mein Bruder sechs Jahre alt, und der Vater hat sofort einmal gefunden, der wird zu wenig streng erzogen, und aus ihm musste ein Mann werden. Und er hat ihn ziemlich, ziemlich streng behandelt. Und darunter habe ich eigentlich auch sehr gelitten, denn weil ich das als ungerecht empfunden habe, habe ich manchmal versucht, ihn selber zu beruhigen, aber es ist mir nie geglückt, man konnte meinen Vater nicht beruhigen, wenn er in Rage war.

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Versorgung Niederösterreich 24. Juni 2025

Frühe traumatische Erlebnisse

Ilse Urbanek, Jg. 1935

Ich war, als die Russen in Niederösterreich einmarschiert sind, ein Mädchen von neun Jahren. In dieser Zeit war ich versteckt in einem Heuboden, wo junge Mütter, meine Mutter und mein kleiner Bruder und ich und und viele andere junge Frauen ebenfalls versteckt worden. Ich habe bis heute bzw. wieder heute im Alter diese Spuren dieser Zeit. Die Mütter haben so eine Angst vermittelt und haben nur von entsetzlichen Sachen geredet, wo ich wusste, ja, das betrifft nur Frauen, also Vergewaltigung und alles mögliche. Und ich habe nach dieser Zeit angefangen, bei jeder Anstrengung oder bei Dingen, die mir fremd war, zu zittern. Und dieses Zittern hatte ich lange, lange Zeit, als ich mit zwei kleinen Kindern zu studieren begann, habe ich bei der ersten Prüfung eine Viertelstunde nicht schreiben können, weil ich so gezittert habe, und ich habe dann irgendwann einmal eine Psychotherapie gemacht, dann war es besser. Aber jetzt im Alter ist es wieder da ist, wenn ich mich anstrengen muss, ich b...

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Versorgung Niederösterreich 24. Juni 2025

In Wien verschwanden plötzlich meine Bücher

Ilse Urbanek, Jg. 1935

Meine Mutter hat gefunden, ich müsste ins Gymnasium gehen. Oder ich sollte. Ich wollte auch. Und hat mich zur Großmutter nach Wien geschickt, wo es nichts gegeben hat, natürlich, noch viel weniger als draußen im Waldviertel. Im Lastzug konnten wir mit nach Wien fahren, meine Mutter und ich. Sie hat einen großen Rucksack mit Erdäpfeln und Sachen zum Essen mit gehabt. Und zu Fuß mussten wir dann von Strebersdorf über eine Behelfsbrücke in die Stadt marschieren. Und ich bin nur mit meinen Lieblingsbüchern gereist. Und irgendwann in den nächsten Wochen war plötzlich ein Buch weg und dann war das nächste weg. Erst Jahre später bin ich draufgekommen, dass meine Tante und meine Großmutter die Bücher auf dem Schwarzmarkt gegen Lebensmittel eintauschen mussten.

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Versorgung Wien 24. Juni 2025

Kuchen aus nix u lieber Hunger als wurmige Erbsen

Ilse Urbanek, Jg. 1935

Ich glaube, ich hatte keinen Hunger. Meine Großmutter konnte aus Nichts was machen, die hat ersten Weltkrieg miterlebt gehabt und aus Bohnen mit Eipulver oder was sogar Kuchen gebacken. Und in der Schule haben wir eine Ausspeisung bekommen, die war entsetzlich, die mussten wir essen. Da hatte ich so ein Reinderl mit. Und da gab es einen Tag Bohnen und einen Tag Erbsen, das ganze Schuljahr nichts anderes. Und die Bohnen waren okay. Nur die Erbsen waren wahnsinnig wurmig, so viele tote Würmer sind da drin geschwommen, und die konnte ich fast nicht hinunterbringen. Und da habe ich dann schon an diesen Erbsentagen Hunger gehabt, weil ich hab es irgendwie geschafft, dass ich mit meinem vollen Reindl rausgehen konnte und es nicht essen musste. Und wir hatten einen Dackel. Nur der Dackel, wenn man ihm die Erbsen hingestellt hat, hat die Nase gerümpft und ist weggegangen, der ist lieber hungrig geblieben, als dass er die Erbsen gefressen hätte.

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Versorgung Niederösterreich 24. Juni 2025

Vater handelte am Schwarzmarkt mit Rasierklingen

Elke Sengmüller

Mein Vater war relativ alt, Jahrgang 1895. Er wurde ganz zum Schluss eingezogen, nach Arnoldstein und dort hat er sich so, was ich so gehört habe, wirklich unabsichtlich den Arm ausgerenkt und eine Schulterverletzung gehabt, und ist dadurch nicht an die Front gekommen. Er war Kaufmann und wurde vorher nicht eingezogen, weil er für die Wirtschaft wichtig war. Es ist uns im Krieg eigentlich immer gut gegangen. Ich weiß, dass mein Vater immer nach Wien gefahren ist und am Karlsplatz am Schwarzmarkt gehandelt hat. Also, ich kann mich erinnern zum Beispiel an einen Riesenkoffer voller Rasierklingen. Ich weiß nicht, was er alles gehandelt hat, aber an die Rasierklingen kann ich mich erinnern. Ich glaube, das war etwas sehr Wertvolles damals.

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Versorgung Kärnten 24. Juni 2025

Wir Kinder haben die Erdäpfel am Acker gestohlen

Manfred Golda, Jg. 1941

Ich mich noch gut erinnern, wie es die ersten Lebensmittelkarten gab. Bei uns war weit und breit kein Geschäft, da mussten wir ziemlich weit laufen, bis man dann nach St. Peter, einem Vorort von Klagenfurt-Ost gekommen ist. Dort habe ich dann eingekauft, was man halt so gekriegt hat auf Lebensmittelkarten. Große Äcker hat die Firma Fischl gehabt, die spätere Kärntner Hefe- und Spiritusfabrik, die hat eine ziemlich große Landwirtschaft gehabt bei unserer Siedlung. Dort haben die auch Kartoffeln angepflanzt. Wir Kinder sind oft tagsüber auf den Kartoffelacker gegangen und haben die Erdäpfel gestohlen und dann geschaut, dass wir wieder heimkommen, ohne dass das wer bemerkt. Es ist auch immer ein Aufseher herumgegangen, der aufgepasst hat, dass nichts gestohlen wird. Wenn dann abgeerntet war, dann durfte man auch offiziell nach übriggebliebenen Kartoffeln suchen. Da haben dann auch andere Leute aus der Nachbarschaft den Acker abgesucht.

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Versorgung Kärnten 31. Mai 2025

Hamstern in der Nachkriegszeit

Frau Liegl, Jg. 1937

Es waren hauptsächlich Mütter, die damals Essen auftrieben. Sie packten Hausrat in Rucksäcke und zogen alleine oder zu zweit los. Viele Männer waren noch nicht vom Krieg zurück oder hatten keine Arbeit und es gab nur Essen mit Lebensmittelkarten. Sie versuchten ihr Glück bei Bauern, um eventuell etwas Fleisch oder Obst für die Kinder heim zu bringen. Manchmal waren eine Bekannte und meine Mutter auch länger aus und halfen bei den Bauern mit für Kost und Quartier. Es gab kein Telefon, also musste meine Großmutter auf uns aufpassen und aus fast nichts Essen machen, bis endlich der Rucksack am Küchentisch landete. 1946 bekam ich als unterernährte Schulkind von der Volkshilfe einen Erholungsurlaub in der Steiermark. Meine Pflegeeltern hatten ein Gasthaus. Dorthin wanderte meine Mutter auch immer tagelang und blieb für einige Tage. Ich war dort zwei Monate und besuchte die dritte Klasse Volksschule, obwohl der Aufenthalt über die Volkshilfe nur sechs Wochen galt. Die Pflegeeltern bes...

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Versorgung Niederösterreich 22. Mai 2025

Ein Kilo Zucker zu viel

Herr König, Jg. 1938

Wie das aus war, ist von der Gemeinde eine Gruppe gekommen, paritätisch zusammengesetzt aus den drei Parteien, und haben geschaut, ob wir Lebensmittel gehortet haben. Meine Mutter hat drei oder vier Kilo Zucker gehabt und da waren zwei da und der eine hat gesagt: „Das ist ja viel zu viel, was sie da haben“. Also eine Familie mit 5 Personen. Und hat darauf bestanden, dass ihr ein Kilo Zucker weggenommen wird. Und ein Zweiter, das war der Kommunist interessanterweise, sagt: „Geh lass doch der Frau den Zucker.“ Ich weiß die Namen auch, aber die sage ich lieber nicht. Meine Mutter hat sich vor dem niedergekniet und hat ihn angefleht, den Kilo Zucker zu lassen. Und der hat darauf bestanden, dass er weggenommen wird. Und ich habe mir damals vorgenommen, den bring ich um. Das ist bis heute bei mir noch drinnen. Er ist dann von selber gestorben. Die Sache war also überflüssig.

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Versorgung Niederösterreich 20. Mai 2025

Braunschweiger Wurstradlmomente

Horst Stadler, Jg. 1945

Ich bin im Februar 45 geboren und ab 1955 im Almtal in die Schule gegangen und hab vom Krieg natürlich nichts mehr mitbekommen. Was ich aber mitbekommen habe, ist folgendes: Wir sind in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Ich bin aber jeden Tag satt geworden, weil wir haben einen Bauernhof in der Nähe gehabt, wir haben im Bauernhof gewohnt, also, ich hab genug Wasser gehabt und zum Essen, aber: wir haben natürlich ein ganzes Woche kein Fleisch bekommen. Und am Sonntag hat´s ein altes Hendl gegeben, das hat´s am nächsten Sonntag noch einmal gegeben, weil das hat länger gehalten, und am Samstag am Abend hat es etwas gegeben, was einmalig war und zwar hat´s am Abend für uns Kinder a Braunschweiger gegeben, und zwar aufgeschnitten in dünne Radln und die haben wir aufs Brot gelegt. Und da weiß ich heut noch, wie ich damals als kleiner Bub mit der Zunge allweil die Braunschweiger Radln vor mich hingeschoben hab übers Brot, und ganz zum Schluss, wenn das Brot fertig war, hab ich dann di...

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Versorgung Oberösterreich 20. Mai 2025

Mein Buch über die Nachkriegszeit

Othmar Nestroy, Jg. 1933

Episoden aus der Kriegs- und Nachkriegszeit in Wien

Othmar Nestroy: Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten. Episoden aus der Kriegs- und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge, Graz 2015. ISBN 978-3-85125-424-2 (Archiv und Bibliothek der TU Graz, Band 5) Auch als E-Book kostenfrei online lesbar auf der Website des Verlags der Technischen Universität Graz:

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Versorgung Wien 20. Mai 2025

Käse wie im Schlaraffenland

Renate Smola, Jg. 1934

In der letzten Kriegswoche hat man sich eine Woche in den Keller verfügt, in Liesing war das, im Brauhauskeller haben wir die Bombenangriffe überstanden und dort auch gewohnt eine Woche lang. Zur selben Zeit war schon das Kriegsende mit den diversen Umbrüchen. Da haben auch schon Plünderungen stattgefunden, darunter auch Aufbewahrungsstätten von Lebensmitteln. Meine Mutter hat mir im Keller gekochte Nudeln im Keller serviert, da sind Käfer rumgeschwommen. Auf einmal kommt ein riesengroßer, mannshoher Käselaib reingerollt. Der wurde geplündert. Ich habe immer gesagt, das war das Schlaraffenland, und danach ist die Hungersnot gekommen. Wir haben uns abschneiden können wie im Schlaraffenland, so viel wir wollten. Danach war nicht genug da, um die Bevölkerung in der ersten Zeit zu versorgen. Was auch symptomatisch war: man hat dann Lieferungen bekommen von anderen Ländern und wir sind unter der russischen Besatzungsmacht gewesen, die haben ja selber nichts gehabt. Die haben uns beliefer...

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Versorgung Wien 20. Mai 2025

Ungeliebter Slowenischunterricht in Kärnten

Frau Keller

Minderheitenkonflikt in der Besatzungszeit

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Versorgung Kärnten 14. Mai 2025