Ein "Unzeitgemäßer" war seiner Zeit voraus

Mahlers 150. Geburtstag

"Die Zeit für meine Musik wird noch kommen", war Gustav Mahler überzeugt. Zu seinen Lebzeiten wurde er als Dirigent und Operndirektor gefeiert, als Komponist blieb er allerdings umstritten. Am Mittwoch, 7. Juli 2010 jährt sich Mahlers Geburtstag zum 150. Mal.

Als Dirigent erfolgreich

Umjubelt und umstritten zugleich: Gustav Mahler war einer der berühmtesten Dirigenten seiner Zeit, doch mit seinen Kompositionen fand er wenig Verständnis. Dennoch verkündete er überzeugt: "Die Zeit für meine Musik wird noch kommen."

Wie lange dies dauern würde, war ihm damals kaum klar, welche Ausmaße die triumphale Wende haben sollte, auch nicht. Er stieg spätestens seit den 1960er Jahren zu einem der populärsten Komponisten überhaupt auf - was selbst der prophetische Mahler so nicht erwartet haben dürfte. Am 7. Juli feiert die Musikwelt seinen 150. Geburtstag, ein Jahr später, am 18. Mai 2011, steht schon sein 100. Todestag bevor.

Seine Musik war umstritten

Zu Mahlers Lebzeiten war seine Musik umstritten, er galt als Epigone Bruckners und Wagners. Als "Unzeitgemäßen" sah er sich selbst, als "weltfremden Träumer" beschrieb ihn Richard Strauss. Als Mann, der zwischen der Askese der Kunst und Lebenslust zerrieben wird, setzte ihm der italienische Regisseur Luchino Visconti 1970 mit seiner Thomas-Mann-Verfilmung "Tod in Venedig" ein Denkmal.


Mit 15 nach Wien
Am 7. Juli 1860 wurde Mahler als Sohn eines Gastwirtes im böhmischen Kalischt als zweites von vierzehn Kindern geboren. Seine musikalische Ausbildung begann bereits mit vier Jahren, mit 15 ging er nach Wien ans Konservatorium und studierte Klavier und Komposition. Ab 1880 war er als Kapellmeister zunächst in Bad Hall, dann in Laibach, Olmütz, Kassel, Prag und Leipzig tätig, schließlich in Budapest (1888-91) als Königlicher Operndirektor und als Erster Kapellmeister in Hamburg. Als Komponist bereits hochaktiv, gehörte Mahler zu den begehrtesten Dirigenten seiner Zeit, der in ganz Europa Konzertreisen absolvierte.

Musikdirektor an der Wiener Hofoper

Die Blütezeit seiner Aktivitäten in Wien begann 1897, als Mahler Musikdirektor an der Wiener Hofoper (heute Staatsoper) wurde. Eine Position, in der er das Zeitalter der modernen Operninszenierung einleitete. Er engagierte die besten Sänger seiner Zeit, verlangte von ihnen auch schauspielerische Leistungen und machte sich überdies mit seiner Strenge gegenüber dem Orchester einen Ruf.

Kontroversen am Haus, seine zahlreichen Tourneen als Dirigent eigener Werke und antisemitische Tendenzen (Mahler war gebürtiger Jude, aber zum Katholizismus konvertiert) setzten seiner Wiener Zeit dann auch im Jahr 1907 ein Ende - und bereiteten seinen Wechsel nach New York vor.

Ehe mit Alma Schindler

In Wien hatte Mahler auch seine berühmte Ehefrau kennengelernt: Alma Schindler heiratete er im Jahr 1902. Die ältere der beiden Töchter Maria (geb. 1902) und Anna (geb. 1904) starb 1907, was eine schwierige Zeit in der Ehe einleitete. Alma fühlte sich vernachlässigt und begann 1910 eine Beziehung mit dem Architekten Walter Gropius, ein schwerer Schlag für Mahler, dem in dieser Zeit auch ein Herzfehler diagnostiziert wurde.

In den USA, aber auch in Europa war er weiterhin mit Uraufführungen seiner späten Symphonien hochaktiv, die umjubelte der 8. "Symphonie der Tausend" war die letzte, die er erlebte. Am 18. Mai 1911 starb er in Wien und wurde auf dem Grinzinger Friedhof beigesetzt.

Mahler-Renaissance

Vor der Mahler-Renaissance der 1960er blieb es für den Komponisten Mahler schwer. Er wurde vergessen, verschwiegen oder gar verboten. Er galt als Epigone Bruckners und Wagners. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg brachten Dirigenten wie Leonard Bernstein seine wahre Bedeutung als Vorreiter der Moderne ans Licht - und seinen Einfluss auf Komponisten wie Schönberg, Webern oder Schostakowitsch.

Er suchte nach neuen Wegen, arbeitete Märsche, Tänze, Volkslieder - "Trivialmusik" - in seine Werke ein und gab der symphonischen Klangwelt eine neue Breitendimension. Als "Unzeitgemäßen" hat sich Mahler selbst gesehen. Er hatte recht: Seiner Zeit war er voraus.