Defekter Hubschrauber verzögerte Aktion

Bin Ladens Datenspeicher in US-Hand

Nach 38 Minuten war die Spezialaktion vorbei, in der US-Elitesoldaten den Terrorpaten Osama bin Laden töteten - acht Minuten länger als geplant, unter anderem, weil ein Hubschrauber versagte. Dennoch war der Einsatz auch in zweiter Linie ein voller Erfolg: Den USA ist der zentrale Datenspeicher Osama bin Ladens in die Hände gefallen.

Mittagsjournal, 03.05.2011

"Mutter aller Geheimdienstinformation"

Es gab kein Telefon und kein Internet in dem Anwesen, wo sich Osama Bin Laden seit Jahren versteckt hielt - keine digitalen Spuren sollten den prominenten Bewohner verraten. Umso riesiger ist angeblich die Datenmenge, die die Männer der Eliteeinheit US Navy SEALs mit der Leiche ihres Opfers weggebracht haben: "Die Mutter aller Geheimdienstinformation" nannte ein US-Vertreter die Ladung an Festplatten, elektronischem Equipment und sonstigen Datenträgern, die abtransportiert wurden.

Die wertvolle Beute soll derzeit an einem geheim gehaltenen Ort in Afghanistan ausgewertet werden, während die zuständigen Geheimdienstleute in Washington schon höchst aufgeregt darauf warten sollen, sie in die Hände zu bekommen. "Und wenn nur ein Zehntel davon brauchbar ist, dann ist das einfach großartig," soll ein Beamter gemeint haben.

Informationen scheibchenweise

Was die US-Spezialkräfte über Osamas Leiche und seinen Daten hinaus mitgenommen haben, ist nicht bekannt. Die Operation selbst, genannt Operation "Geronimo", dauert 38 Minuten, 30 waren geplant. "Wir haben heute schon sehr viel Information herausgegeben, und wir werden auch mehr bekanntgeben", sagte gestern der Anti-Terrorberater von Präsident Obama, John Brennan. Dies, damit nicht nur das amerikanische Volk, sondern auch die Welt versteht, was passiert ist. Zugleich werden wir nichts tun und nichts sagen, was unsere Fähigkeit beeinträchtigen könnte, auch das nächste Mal erfolgreich einen dieser Typen aus dem Schlachtfeld zu holen."

Hubschrauber defekt

So bleibt das, was bekannt ist, eher grob und vieles unbestätigt: Um halb vier Uhr nachts europäischer Zeit landet ein Hubschrauber der US-Marine-Sondereinheit Navy Selas angeblich leise innerhalb der Mauern des Anwesens - und hat plötzlich einen Defekt. Den Zuschauern im Weißen Haus, die die Operation live übertragen bekommen - bleibt das Herz stehen. Die Männer der Einheit schwärmen trotzdem aus. Sie kennen das Gelände aus Simulationen in jeder Einzelheit. Sie schießen sich den Weg in den dritten Stock in Bin Ladens Schlafzimmer frei.

Weitere Opfer

Die Begegnung mit dem seit Jahren gejagten Subjekt dauert nur Sekunden. Angeblich stellt sich eine Frau in die Schusslinie - oder wird gestellt, das wird in Washington nicht präzisiert. Sie wird erschossen und danach auch Bin Laden, in den Kopf oder ins Gesicht. Man erfährt es nicht genauer. Zwei weitere Männer werden erschossen, der Kurier, der die Spur zu Bin Laden war, und dessen Bruder. Weitere Menschen auf dem Anwesen, darunter auch Frauen und Kinder kommen nicht zu Schaden.

Leiche "entsorgt"

Mit ihrer Beute heben die Männer der Navy SEALs um 4:15 Uhr wieder ab - in einem Reservehubscharuber, der gerufen worden war. Der defekte wird in die Luft gesprengt. Osama Bin Ladens Leiche wird zunächst nach Afghanistan gebracht, von dort angeblich auf einen US-Flugzeugträger und laut Brennan übereinstimmend mit islamischem Brauch bestattet. Was daran wahr ist, wird man wohl nie erfahren. Das Resultat ist jedenfalls ein klarer Schluss: kein Leichnam, kein Grab als Pilgerstätte, kein Symbol, das bleibt und dazu dienen kann, den Erfinder von Al-Kaida weiter irgendwie zu verherrlichen.