Treuhänder statt Schwiegermutter

Neue Widersprüche im Fall Grasser

Die Ermittlungen in der Causa Karl-Heinz Grasser treten neue Widersprüche auf. Die Zeitschrift "Falter" berichtet von Einzahlungsbelegen über jene fünfhunderttausend Euro, die für die Schwiegermutter des früheren Finanzministers investiert worden sein sollen, jetzt dem Staatsanwalt vorliegen und in die Schweiz und nach Liechtenstein weisen.

Mittagsjournal, 25.1.2012

Brisanter Beleg

Im Zentrum der Widersprüche steht jener Schweizer Treuhänder, der mit dem Ex-Finanzminister durch gemeinsame Geldtransaktionen bei der Schweizer Ferint AG verbunden ist. Das ist zugleich der Geschäftspartner Grassers, dessen Anwalt in Liechtenstein beschlagnahmte Akten aus einer Hausdurchsuchung aus dem Gericht entwendet hatte. Ein Vorfall, zu dem die Staatsanwaltschaft in Liechtenstein nach wie vor ermittelt. Laut "Falter" soll sich im BUWOG-Ermittlungsakt ein brisanter Einzahlungsbeleg des Schweizer Treuhänders finden. Demnach hat Grassers Geschäftspartner einen Großteil der 500.000 Euro, die angeblich von Grassers Schwiegermutter stammen, bei der Meinl-Bank eingezahlt.

Interesse des Staatsanwalts

Grasser hingegen hatte bei seinen Einvernahmen vor der Staatsanwaltschaft angegeben, dass er das Geld bar von seiner Schwiegermutter erhalten habe, es über die Grenze nach Österreich transportiert und zuletzt, außerhalb der Bankzeiten, persönlich bei der Meinl-Bank bar eingezahlt habe. Vom Staatsanwalt mit dem Einzahlungsbeleg konfrontiert, konnte Grasser keine einleuchtende Erklärung abgeben, schreibt der "Falter". Kein Wunder also, dass sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft brennend für die Geldtransaktionen Grassers in der Schweiz und in Liechtenstein interessiert.

Kampf um Unterlagen

Ob und wann die beschlagnahmten Unterlagen aus Hausdurchsuchungen bei Grasser Geschäftspartner von den Nachbarländern an die österreichische Justiz ausgehändigt werden, ist noch völlig offen. Sowohl in der Schweiz als auch in Liechtenstein wird die Herausgabe der Akten durch alle Instanzen angefochten.

Unklar ist auch, wieweit die Unterlagen aus Liechtenstein überhaupt noch vollständig sind. In der Aktenklau-Affäre wird ja auch ermittelt, ob die Papiere verfälscht worden sind. Denn der beschuldigte Anwalt hatte am Tag nach der fragwürdigen Entnahme aus dem Gerichtakt, die Unterlagen an seinen Mandanten übergeben. Dieser soll die Akten umgehend in die Schweiz gebracht haben. Erst sechs Wochen später wurden sie zurück gegeben.

Politdebatte

In Liechtenstein ist unterdessen rund um diese Affäre ein Politstreit ausgebrochen. Ein unabhängiger Landtagsabgeordneter forderte zuletzt eine Parlamentarische Untersuchungskommission, schreibt das "Liechtensteiner Volksblatt". Unterstützt wird dieses Anliegen laut Volksblatt von der Fortschrittlichen Bürgerpartei, für die auch der verdächtige Liechtensteiner Anwalt politisch aktiv ist. Geplantes Untersuchungsthema ist allerdings nicht, warum der Anwalt die Akten mitgenommen hat, oder seine politische Zukunft, sondern wer den Aktenklau an ausländische Medien verraten hat.