Abgase: Chinas Nummerntafeln ein Lotteriespiel

Die Städte im Norden Chinas hatten in den vergangenen Tagen neuerlich mit massivem Smog zu kämpfen. Die Behörden geben das enorme Luftproblem mittlerweile unumwunden zu und versprechen Lösungen. Eines der Ziele: die Neuzulassungen von Pkw sollen stark eingeschränkt werden. Das hat Auswirkungen auch auf die Autoindustrie.

In Peking will die Regierung die Feinstaubwerte bis 2017 um 25 Prozent senken was viele Experten für unrealistisch halten. So sollen in der chinesischen Hauptstadt im kommenden Jahr die Neuzulassungen von PKW noch einmal deutlich gesenkt werden. Die Stadt erstickt im Autoverkehr obwohl schon jetzt Nummerntafeln nur per Lotterie vergeben werden.

Mittagsjournal, 3.10.2013

Aus Peking,

Nummerntafeln über Lotterie

Die Bewohner Pekings wissen die Anzeichen längst zu deuten. In der Früh scheint noch die Sonne, dann wird der Himmel milchig, die Sicht wird schlechter. Später riecht die Luft verbrannt und macht das Atmen schwer. Erst jüngst wieder war Chinas Hauptstadt tagelang unter einer dicken Smogglocke gefangen. Mit Feinstaubwerten, die das von der Weltgesundheitsorganisation festgelegte Limit zeitweise um mehr als 15-fache überschritten haben. Fabrikanlagen wurden gedrosselt, der Verkehr eingeschränkt. Gebracht hat das wenig. Trotzdem: eine Studie vor kurzem veröffentlicht von Chinas Akademie der Wissenschaften belegt: der Autoverkehr trägt den größten Anteil an Pekings Luftapokalypse. Deshalb und weil die Staus in der Hauptstadt immer länger werden wollen die Behörden jetzt durchgreifen. Autofahrer aus den Nachbarprovinzen sollen völlig aus der Stadt ausgesperrt werden. Überlegt werden saftige Gebühren für das Autofahren im Stadtzentrum. Und – die umstrittenste Maßnahme überhaupt - die Gewinnchancen in der Kennzeichen-Lotterie sollen noch weiter verringert werden. 20.000 Kennzeichen wurden etwa im August vergeben. Beworben haben sich dafür in der Online-Lotterie etwa 1.6 Millionen Menschen. Die Gewinnchance steht bei 1:80. Und soll im nächsten Jahr auf 1:130 sinken. Viele Pekinger, die sich endlich den Traum vom eigenen Auto erfüllen könnten, werden nie ein Kennzeichen bekommen. Die Millionen Zuwanderer aus den Provinzen, die sich in Peking nicht offiziell anmelden können, bleiben aus der Lotterie überhaupt ausgesperrt. Und das wird sich auch nicht ändern. Denn bis 2017 will man die Zahl der PKW auf Pekings Straßen zwar noch leicht steigen lassen. Dann soll aber bei 6 Millionen Autos Schluss sein. Was viele hier ganz und gar nicht goutieren. Herr Feng spielt seit mehr als einem Jahr in der Lotterie und kann sein Auto nicht anmelden: All diese neuen Maßnahmen, die sie setzen, können das Verkehrsproblem nicht lösen. Es sind nicht zu viele Autos, sondern wir müssen die Verkehrsflächen besser managen.

Die Zahl der Autos weiter zu beschränken wird nur wenig bringen. Solange die Schwerindustrie im Umland von Peking uns weiter vergiftet meint Herr Xiang. Die Zentralregierung habe keinen Plan.
Neben Peking haben auch Shanghai und zwei weitere Millionenstädte die Zahl der Neuzulassungen radikal beschränkt. Internationale Autobauer, für die China längst zum Wachstumsmarkt Nummer eins geworden ist, reagieren und wollen sich künftig stärker auf Provinzstädte weiter im Landesinneren konzentrieren. Schon jetzt kämpfen etwa auch deutsche Autohersteller damit genügend Personal aus Europa nach China zu bekommen. Vor allem nach Peking. Der Grund: die Nachrichten von der chronisch miserablen Luft, die vor allem Familien vor einem Aufenthalt in China zurückschrecken lassen.