Ö1 Hörspielpreis, Publikumspreis, Oloid

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Sie hatten die Wahl!

Die besten Hörspiele ihres Jahrgangs

"Hör! Spiel!" - 22 Neuproduktionen standen zur Wahl.

Das Hörspiel ist die Form des Radios, die den größtmöglichen Freiheitsraum hat. Hör! Spiel! ist deshalb ein zutreffender, doppelter Imperativ. Ernst Jandl hat ihn Anfang der 1970er Jahre formuliert. Jandl und Mayröcker zählten in den 1970er Jahren zu den Wegbereitern des zeitgenössischen Hörspiels. Ihr autobiografisch geprägtes Hörspiel "Gemeinsame Kindheit", entstanden 1970 beim WDR, haben Dorothee Hartinger und Philipp Hauß heuer neu interpretiert. Im Hörspiel von FALKNER ist ihre Kollegin aus dem Ensemble des Burgtheaters, Mavie Hörbiger, zu hören: "Manifest 59 / Flächenmensch Flächenmensch die Festung Welt", ist ein dramatisch-drastischer Monolog, eine "fiktionale Zustandsbeschreibung der Welt". Die stärksten Veränderungen unseres gesellschaftlichen Lebens in den letzten Jahren sind der Corona-Pandemie und den Lockdowns zuzuschreiben. "Fühl dich umarmt", ein Hörstück nach einem Briefwechsel, erzählt von einer Zeit voller Unsicherheiten, von Einsamkeit und unerwarteter Nähe.

Die Corona-Pandemie hat zwei Jahre lang unseren Plan, eine Theateraufführung der Salzburger Festspiele während der Festspielzeit als Hörspiel zu produzieren und zu senden, verunmöglicht. Heuer war es endlich möglich: "Der kaukasische Kreidekreis" nach Bertolt Brecht und "Die Wut, die bleibt" von Mareike Fallwickl, zwei erfolgreiche Produktionen der Salzburger Festspiele, wurden in Koproduktion mit dem Hessischen Rundfunk als Hörspiele ausgestrahlt. Das Hörspiel ermöglicht es, Kulturelles über geografische und ökonomische Grenzen hinweg zu verbreiten. Mit dem WDR zusammen wurde deshalb auch "Ach Sisi - Was ist denn eigentlich geschehen?", eine Produktion des Wiener Volkstheaters, als Hörspiel produziert.

Sprachpflege und Sprachkunst

Krimis überlassen wir dem Fernsehen, da gibt es genug davon, 2023 wurde eine Ausnahme gemacht: Hannes Duscher und Roland Gratzer von FM4 haben einen österreichischen Krimi geschrieben: "Harmonie. Ein Fall für Dattinger und Kastner" und wirkten als Hauptdarsteller mit. Österreichisch, so könnte man sagen, war auch Marc Carnals zweites Hörspiel in Reimform. Nach "Die Hochzeit" war diesmal Christoph Grissemann als Erzähler in "Das Begräbnis", der Chronik einer katastrophenreichen Trauerfeier, zu hören.

Als Medium der Sprachpflege und der Sprachkunst stehen dem Hörspiel Literatur und literarische Themen immer schon sehr nahe. "Paula" von Brita Kettner erzählte 2023 die Liebes- und Lebensgeschichte von Richard Beer-Hofmann, einem der bedeutenden Dichter der Wiener Moderne. In „Wien, Schwedenplatz. Variationen“, einem Hörspiel nach einem Projekt von Margret Kreidl und Lucas Cejpek, waren Texte von mehr als 100 Autor:innen über den Schwedenplatz zu hören, in Daniel Wissers "Wartezimmer" begegneten wir Karl Markovics, und in "Blasse Stunden/Blijedi sati", einem Hörspiel in Deutsch und Serbokroatisch, nahm uns die Autorin Manuela Tomic mit auf eine Autofahrt, eine Reise in ihre Vergangenheit.

Ameisenei, Sirenen und Hörspiel-Hacking

Mit "Greatest Hits" von Florian Grünmandl und "Ich war ein Ameisenei" von Alois Hotschnig sind auch heuer wieder zwei Hörspielproduktionen aus dem Landesstudio Tirol im Wettbewerb vertreten. Folgende Ö1 Kunstradio-Produktionen stehen ebenfalls zur Wahl: "Seltsamen" von Verena Dürr, Christine Schörkhuber und Thea Soti erzählt, wie Geschichten unsere Wahrnehmung der Natur beeinflussen. Lisa Spalt und Clemens Gadenstätter nähern sich in "Break Eden. Gesänge von Sirenen" aus der Gegenwart der Paradieserzählung an. Bruno Pisek setzt sich in "Geerbte Töne" mit dem deutschen Hörspielautor Paul Pörtner und Archiven auseinander. Horst Konietzny denkt "Über das Verschwinden" nach. Ausgehend von einem Foto beschäftigt sich Peter Pessl in "Am Bildrand ein oder zwei verwischte Mädchen" mit der Ermordung von burgenländischen Roma. Für "Hörspiel-Hacking" haben 40 Klang- und Radiokünstler:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in Hörspiele der letzten zwei Jahrzehnte "eingebrochen". Und Felix Kubin ruft den "Weltsendeschluss" aus, während Studierende des Max-Reinhardt-Seminars die Klimakrise in "Der Ernstfall" von Paula Dorten und Kerstin Schütze thematisieren.

Hörspielaufnahmen, Lampe und Mikrofon

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Die Hörspiele im Detail

2. Greatest Hits
von Florian Grünmandl

3. Wien, Schwedenplatz. Variationen
von 106 Autor:innen

4. Das Begräbnis
von Marc Carnal

5. Harmonie. Ein Fall für Dattinger und Kastner
von Hannes Duscher und Roland Gratzer

7. Gemeinsame Kindheit
von Ernst Jandl und Friederike Mayröcker

8. Ich war ein Ameisenei
von Alois Hotschnig

9. SELTSAMEN
von Thea Soti, Verena Dürr und Christine Schörkhuber

10. Geerbte Töne. Pörtner hören.
von Bruno Pisek

11. Der kaukasische Kreidekreis
nach Bertolt Brecht - von Helgard Haug mit dem Theater HORA

12. Die Wut, die bleibt
von Mareike Fallwickl

13. Der Ernstfall
von Paula Dorten, Kerstin Schütze und Studierenden des MRS

14. Ach Sisi - Was ist denn eigentlich geschehen? Berichte vom Hofe
von Rainald Grebe und dem Ensemble des Wiener Volkstheaters

15. Paula
von Brita Kettner

16. Über das Verschwinden
von Horst Konietzny

17. Hörspiel-Hacking
von 83 Autor:innen

19. Blasse Stunden/Blijedi sati
von Manuela Tomic

20. Wartezimmer
von Daniel Wisser

21. Break Eden. Gesänge von Sirenen
von Lisa Spalt und Clemens Gadenstätter

22. Weltsendeschluss
von Felix Kubin